Die künftige Sicherheit der Pfedelbacher:innen ist an diesem Infoabend in der Nobelgusch ein brennendes Thema, kein rassistisches Klischee wird ausgelassen. Wer die 14-jährige schlanke, große, blonde Tochter von nun an vor Vergewaltigungen schütze? Wie denn die Pfedelbacher Kinder nun sicher in die Schule und wieder nach Hause kämen? Der Pfedelbacher Bürgermeister Torsten Kunkel interveniert: "Sie unterstellen, dass lauter Kriminelle zu uns kommen. Vergessen Sie nicht eins, wir sprechen hier über Menschen."
Rein rechtlich gesehen hätte die Politik überhaupt nicht auf die Bürgerinitiative reagieren müssen, heißt es von Seiten des Bürgermeisters. Aber sowohl die Gemeinde als auch der Landrat hätten sich für eine Berücksichtigung der Sorgen der Bürger:innen entschieden, weil man "1.500 in so kurzer Zeit gesammelte Unterschriften nicht ignorieren kann". Man habe die Nöte der Pfedelbacher:innen zusammengetragen und habe das Belegungskonzept verändert: Anstatt – wie ursprünglich geplant – mindestens 110 Geflüchtete, vor allem junge alleinstehende Männer, aufzunehmen, werden im Ort nun höchstens 95 Personen unterkommen, vorwiegend Familien, Ehepaare und Personen mit Behinderung. Doch langfristig garantieren können Landratsamt und Gemeinde diese Belegung nicht, sagte Mike Weise, Dezernent für Umwelt, Ordnung und Gesundheit des Landratsamtes Hohenlohekreis. Höchstens 24 Monate, weil es sich um eine vorläufige Unterbringung handelt, würden die Personen jeweils im Pfedelbacher Löwengarten verbringen. So lange bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. Anschließend würden die Geflüchteten den Kommunen in die Anschlussunterbringungen zugewiesen.
Bürgermeister Kunkel betont immer wieder die beschränkte Handlungsfähigkeit des Gemeinderates. Und die Unwirksamkeit all der gesammelten Unterschriften. Denn ein rechtlich wirkendes Bürgerbegehren mit Möglichkeit eines anschließenden Bürgerentscheids greift laut Gemeindeordnung für Baden-Württemberg nur bei Angelegenheiten, für die der Gemeinderat zuständig ist. Das ist hier nicht der Fall.
Also schiebt der Bürgermeister die Schuld auf den Bund. Deutschland würde regelrecht mit Flüchtenden "geflutet", meint Kunkel. Er verweist auf die "Stuttgarter Erklärung", einen 12-Punkte-Plan der kommunalen Landesverbände Baden-Württembergs. Darin fordern sie unter anderem eine europaweit gleichmäßige Verteilung von Ankömmlingen sowie die Angleichung der gebotenen Leistungen und die Einrichtung von nationalen Ankunftszentren für eine schnelle Registrierung und für rasche Verfahrensabschlüsse. Auf Landesebene zeigt sich die Unzufriedenheit mit der bundesweiten Asylpolitik bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Die Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder fordern mehr Geld für sich und ihre Kommunen als Unterstützung bei der weiterhin steigenden Zuwanderung.
In Pfedelbach sind alle unpolitisch
Hoffmann Alexander, ursprünglich aus Kasachstan, wohnt direkt gegenüber des ehemaligen Seniorenzentrums "Im Löwengarten". Natürlich habe er die Bürgerinitiative mitunterzeichnet. Während er sich genüsslich eine Zigarette anzündet, fragt er ganz nebenbei: "Was ist mit den alten Menschen? Erschossen?" Gerüchte, dass die ehemaligen Löwengarten-Bewohner für die Geflüchteten gehen mussten, halten sich hartnäckig.
Das Verständnis für die Sorgen der Pfedelbacher:innen ist groß, auch bei jenen, die gar nichts gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft einzuwenden haben. Da gibt es die Bäckereiverkäuferin, die selbst mit einem Geflüchteten verheiratet ist. Oder einen Pfedelbacher, der auf die Hilfsbereitschaft anderer Staaten setzt, "sollten wir mal die Hilfe benötigen".
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SSV Ulm 1846 Fans Sek. Hohenlohe
am 25.03.2023