Das Bundesverkehrsministerium will mit dem "Deutschland-Takt" Bahnfahren pünktlicher machen, ob das mit dem Stuttgart-21-Tiefbahnhof aber überhaupt funktioniert, dies hatte ein Bahn-Experte für Kontext schon 2018 in Zweifel gezogen. Und auch die Frage, was der von Landesverkehrsminister Winfried Hermann im vergangenen Jahr ins Spiel gebrachte und momentan in einer Arbeitsgruppe beratene Ergänzungsbahnhof bringt und wie vernünftig er ist, wird zumindest in der S-21-Gegnerschaft eher kritisch gesehen.
Da verspricht eine Runde, in der sowohl Gegner als auch Befürworter (oder zumindest: an der S-21-Umsetzung Beteiligte) darüber miteinander diskutieren, natürlich interessant zu werden. "Sind 'Starke Schiene' und 'Deutschland-Takt' mit Stuttgart 21 vereinbar?", heißt die als "Faktenklärung" angekündigte Veranstaltung am Donnerstag, dem 16. Januar im Stuttgarter Rathaus, zu der die Fraktionsgemeinschaft "Die FrAKTION" und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 geladen haben. Moderiert von StZ-Redakteur Christian Milankovic, sollten der Physiker Christoph Engelhardt, Initiator des Faktencheck-Portals Wikireal, und der Informatikprofessor Wolfgang Hesse, beide innerhalb der S-21-Gegnerschaft wohlbekannt, mit Gerd Hickmann diskutieren, der als Abteilungsleiter im Verkehrsministerium die geplante Tiefhaltestelle eher verteidigen dürfte. Sowohl dessen Einladung als auch die Wahl des Moderators sollten signalisieren, "dass wir nicht nur eine Veranstaltung im eigenen Beritt machen wollen, dass wir auch S-21-Befürworter dabei haben wollen", so Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis.
Daraus wird nun aber nichts, zumindest in dieser Konstellation. Am 13. Januar teilte Ministerialdirektor Uwe Lahl mit, eine Teilnahme eines Vertreters des Verkehrsministeriums, also Hickmanns, sei nun leider doch nicht möglich. Begründet wurde dies mit den laufenden Gesprächen der Arbeitsgruppe zum Ergänzungsbahnhof, und dass zwischen den daran Beteiligten Zurückhaltung vereinbart sei. Man könne nicht dabei sein, wenn nicht wenigstens auch ein Vertreter der Deutschen Bahn anwesend sei.
Im Aktionsbündnis ist man über diese Begründung empört. Die Zusage Hickmanns war schon Mitte Dezember erfolgt, und die Teilnahme eines Bahn-Vertreters sei nie als Bedingung daran gekoppelt gewesen, ärgert sich Sauerborn. Dass nun kurz vorher abgesagt werde, können sich er und Aktionsbündnis-Sprecher Eisenhart von Loeper nur damit erklären, dass die Bahn hier Druck ausgeübt habe, "dass dies nicht aus eigener Motivation des Verkehrsministeriums geschehen ist".
Von Loeper schrieb auf die Absage hin geharnischte Mails ans Verkehrsministerium und an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, beklagte unter anderem, dass "uns der Boden für eine gemeinsame Faktenklärung entzogen werden soll", und forderte, die Absage rückgängig zu machen. Antworten standen bis Redaktionsschluss aus.
Die überstürzte Absage nährt bei den S-21-Gegnern die Vermutung, hier sei eine Auseinandersetzung gescheut worden. Zum Beispiel über Kapazitäten von S 21. Allen Zurückhaltungsvereinbarungen zum Trotz hatte die Arbeitsgruppe zum Ergänzungsbahnhof schon am 3. Oktober einen Zwischenstand bekannt gegeben: Alle Beteiligten hätten sich darauf geeinigt, dass S 21 den Deutschland-Takt bewältigen könne. Eine Aussage, die nach Meinung von Christoph Engelhardt und anderen S-21-Kritikern lediglich eine Behauptung sei und durch nichts gestützt werden könne. Hätten vertiefende Nachfragen hier peinlich werden können?
All dies bleibt einstweilen Spekulation. Aktionsbündnis und "Die FrAKTION" bemühen sich nun zwar um Ersatz, bis Redaktionsschluss war allerdings unklar, wer dies werden könnte und ob es gelingt. Wer sich überraschen lassen will: Einfach am Donnerstag, 16.1., um 18.30 in den Großen Saal des Stuttgarter Rathauses kommen.
Das Kriechtier und die Planfeststellung
Während im Falle der obigen Veranstaltung möglicherweise jemand kalte Füße bekommen hat, wäre der Bahn wohl sehr recht, wenn dies bei den Eidechsen auf dem Gelände des geplanten S-21-Abstellbahnhofs in Untertürkheim der Fall wäre und die Reptilien sich aus dem Staub machen würden. Denn es sind, glaubte man zumindest Presseberichten, die dortigen, überaus schwer umzusiedelnden Eidechsen, die nun dafür sorgen könnten, dass "die gesamte Wirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 in Frage stehen" könnte, so etwa die "Welt".
9 Kommentare verfügbar
Steiner
am 18.01.2020S-21 wird immer lächerlicher und zum…