Da half nur noch Ironie. Gut vier Stunden lang hatte Karl-Wilhelm Röhm zugehört, als kürzlich im Landtag die Bildungspolitik debattiert wurde. Manchmal schüttelte er den Kopf, konnte Gehörtes kaum glauben. In seinem Schlusswort überzeichnete er die Substanz dessen, was fünf renommierte Fachleute bei der Anhörung zu sagen gehabt hatten: zu Themen wie Unterrichtsqualität in Baden-Württemberg, der Ausbildung von Lehrkräften, dem Umgang mit Heterogenität. Oder über Vorbilder in anderen Bundesländern, von denen das Land mit seinem inzwischen mittelmäßigen Abschneiden in Vergleichsstudien nur träumen kann. Der Sarkasmus triefte, als der CDU-Abgeordnete beschrieb, dass die Politik also nur die Erkenntnisse der Wissenschaftler umzusetzen brauche, damit quasi automatisch alles besser wird: Lehrer, Schüler und Unterricht.
Röhm war selber viele Jahre Rektor des Gymnasiums in Münsingen auf der Alb, war als Lehrer beliebt und innovativ, etwa mit der Erfindung einer zusätzlichen freiwilligen Lernwoche zu Sommerferienbeginn. Als Bildungspolitiker ist er bockbeinig. Standhaft, würde er selber sagen. Jetzt müssen er und die anderen sich bewegen. Diejenigen, die so krampfhaft festhalten an Überkommenem, an den Prinzipien des alten dreigliedrigen Schulsystems, an der frühen Selektierung, an homogenen Lerngruppen bis hin zum Frontalunterricht. Nicht nur, weil die Grünen jede Rückabwicklung der Reformvorhaben aus grün-roten Regierungszeiten abwehren konnten.
Die Grünen wollen mit der Gemeinschaftschule wieder vorne mitspielen
Die Gemengelage auf dem Weg zur Schuldenbremse und zugleich in Bildungsstudien zurück an die Spitze der Länder verlangt selbst von der CDU, sich endlich zu verabschieden von ideologisch imprägnierten Ansichten, die dem Realitätstest schon lange nicht mehr standhalten. Bei der Anhörung warf der Tübinger Erziehungswissenschaftler Thorsten Bohl sogar die Strukturfrage auf und prophezeite, dass eines nicht zu fernen Tages das zweigliedrige Schulsystem – mit einer Säule für alle neben dem Gymnasium – auch im Südwesten unausweichlich sein werde.
Es ist eine harte Bewährungsprobe, die die CDU bestehen muss. Fünf Jahre Opposition wurden von den Gestrigen und den Vorgestrigen vor allem genutzt, um Stimmung gegen Grüne und Sozialdemokraten zu machen, gegen alle Modelle des neuen gemeinsamen Lernens und Lehrens.
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Insider
am 03.03.2017