Noch ein Krisenfall: Auch Eroski stolperte. Nur wenige Jahre zuvor, 2007, hatte die Großgenossenschaft die spanische Handelskette Caprabo übernommen und deren 17 000 Lohnabhängige zu GenossenschafterInnen gemacht – eine beachtliche Leistung. Doch die Lage wurde immer schwieriger, je länger sich die 2008er-Krise hinzog. Im Baskenland konnten die Geschäftsumsätze zwar gehalten werden. Im übrigen Spanien aber brachen sie ein, wie bei anderen Lebensmittelketten auch. "Gegen makroökonomische Entwicklungen sind wir machtlos", sagt Lezamiz, "das wissen auch die Mitglieder." Und treffen notgedrungen harte Entscheidungen, auch wenn sich diese gegen sie selbst richten. Bei Eroski votierte die Basis mit großer Mehrheit dafür, Supermärkte zu verkaufen. In der Region Madrid, wo sich kein Käufer fand, mussten Beschäftigte entlassen werden.
Verantwortung tragen, Krisen vermeiden
"Solche Einbrüche machen uns zu schaffen", sagt auch Ingenieur Baltasar Pérez Sanz beim Rundgang in der Werkshalle von Fagor Arrasate. "In gewisser Weise sind Krisen für uns Genossenschafter unangenehmer als für normale Lohnabhängige. Du hast neben der ohnehin anspruchsvollen Arbeit zusätzlichen Stress. Du denkst die ganze Zeit mit. Du überlegst dir auch, was aus den Belegschaften der Subunternehmen wird. Du trägst Verantwortung." Schließlich müsse man ja auch für jene handeln, die nicht mitentscheiden können. Seit einiger Zeit, so Sanz, finden in seinem Werk alle zwei Wochen Abteilungsversammlungen statt. Alle müssen informiert sein, auf dem Laufenden bleiben, Entscheidungen treffen. Eine Entscheidung: Es wurden Arbeitszeitkonten neu eingeführt, mit denen Schwankungen in der Auftragslage besser ausgeglichen werden können. Zudem wurden Maßnahmen ergriffen, damit Beschäftigte leichter zwischen Abteilungen und Kooperativen wechseln können - also auch dorthin gehen, wo gerade am meisten Bedarf ist. Natürlich, mühsam sind die vielen Treffen und Diskussionen schon. "Andernorts geht das rascher, da trifft einer oben die Entscheidung. Bei uns dauert das länger. Aber dafür setzen wir das Beschlossene viel schneller um, weil alle dahinterstehen", erläutert Sanz.
Wohl auch deswegen verlassen nur sehr wenige GenossInnen die Kooperativen, die Fluktuation ist gering. "Manche von uns bekämen in Privatfirmen deutlich höhere Löhne bezahlt, hoch qualifizierte Leute sind gefragt", sagt Sanz. Warum bleiben sie? "Weil die Arbeitsplätze sicher sind. Und weil es unglaublich viele Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung gibt." Und wohl auch deswegen, weil kaum irgendwo sonst die Beschäftigten von ihrer Arbeit so wenig entfremdet sind und sich so sehr mit ihr identifizieren können wie in diesem Teil des Baskenlands.
Der Text erschien zuerst in <link https: oxiblog.de _blank external-link-new-window>Oxi. Wirtschaft für Gesellschaft.
4 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 04.03.2017