Der Auftritt hatte es in sich. Ursula Lazarus, von 1992 bis 2011 Bildungsexpertin der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion, verstand die Welt nicht mehr im Spätsommer vor neun Jahren. Der Schulausschuss machte sich nach Schleswig-Holstein auf, um den Bildungskompromiss der dortigen Großen Koalition zu begutachten: das zweigliedrige System, die Regionalschulen, das längst selbstverständliche Ganztagsangebot, den gemeinsamen Unterricht von Kindern unterschiedlicher Lernniveaus, die Förderangebote, die Weichenstellungen für den Wechsel ins Berufsleben. Irgendwann nach einem der zahlreichen Schulbesuche pflanzte sich die damals 65-jährige Mathe- und Physikstudienrätin vor den Kieler Gastgebern auf und verkündete mit Stentorstimme: So weit komme es noch, dass der Süden vom Norden lerne. Und schon gar nicht von einer sozialdemokratischen Bildungsministerin.
Hätte der Süden das mal besser gemacht, zumindest der Südwesten. Denn im Vergleich zu Bayern, mit dem sich Baden-Württembergs Bildungspolitiker im ewigen Wettkampf um die Spitzenplätze im Länder-Ranking wähnten, sind die Neuntklässler hierzulande in Sachen Schreiben, Lesen und Zuhören in Deutsch und der ersten Fremdsprache nicht konkurrenzfähig. Auch nicht mit Sachsen, und erst recht nicht mit den Aufsteigern aus Schleswig-Holstein, die als Vorreiter bereits seit Anfang der Neunziger die Inklusion vorantreiben.
Unterdurchschnittliche Bildungsausgaben haben Tradition
Dass Jugendliche aus den drei Ländern mit derart unterschiedlichen Systemen – die CSU setzt noch immer auf Dreigliedrigkeit – so gut abschneiden, belegt die Nachrangigkeit der Systemfrage. Bei den Bildungsausgaben ist die Diagnose hingegen eindeutiger: Schon in den Siebzigern hatten Forscher gewarnt, Baden-Württemberg liege mit den Pro-Kopf-Aufwendungen pro SchülerIn immer knapp unter dem bundesdeutschen und weit unter OECD-Durchschnitt. Nach der Wende änderte sich da nichts, gleichzeitig nahmen Bayern und Sachsen deutlich mehr Geld in die Hand. Der Freistaat im Osten ließ seine Haushaltsmittel für Grundschulen in den Jahren 2004 bis 2007 um nicht weniger als 42 Prozent explodieren.
7 Kommentare verfügbar
Fritz
am 14.11.2016Soso, PISA. Komisch, aber das Nachbarland Bayern, wo sich die CSU bildungspolitisch schon seit Jahrzehnten völlig ungehindert austoben darf, hat genau dieselben Probleme! Also kann's wohl nicht an den paar Jahren Grünen liegen.
Und derzeit ist die CDU übrigens auch (wieder) an der…