Die Motivation hinter der Forderung nach Echtzeit-Faktenchecks teile ich: Die öffentliche Debatte soll nicht durch Fake News und Lügen vergiftet werden. Wählerinnen und Wähler sollen nicht durch Lügen manipuliert werden. Allerdings bin ich skeptisch, dass ein Echtzeit-Faktencheck in der Breite während einer Live-Sendung praktikabel ist. Punktuell geht das aber natürlich. Vielleicht müsste man das einfach mal ausprobieren und dann aus den damit gemachten Erfahrungen lernen und den Faktencheck weiterentwickeln.
Einige Redaktionen überprüfen strittige Aussagen und veröffentlichen die Ergebnisse im Nachhinein online. Ist das sinnvoll in unserer schnelllebigen Push-News-Zeit, wenn oft schon die nächste Aufreger-Sau durchs Dorf getrieben wird?
Auch die zeitversetzten Faktenchecks sind gut gemeint, werden aber in der Regel kaum wahrgenommen – und schon gar nicht von jenen Personen, die mit dem Kandidaten oder der Kandidatin sympathisieren, der oder die die Falschaussage in Umlauf gebracht hat. Und sie kommen oft zu spät. Die Falschaussage hat sich schon verbreitet. Trotzdem sind auch die zeitversetzten Faktenchecks notwendig.
Bewegen Faktenchecks Ertappte, künftig die Wahrheit zu sagen?
Diejenigen, die Falschmeldungen in Umlauf bringen, lassen sich davon nicht beeindrucken – siehe Donald Trump. Wichtig finde ich hingegen, dass die klassischen Massenmedien die Falschaussage nicht auch noch am Folgetag ausgiebig wiederholen. Denn dann erreicht sie, trotz möglicher Richtigstellung, noch mehr Menschen.
Plattformen wie "X" von Multimilliardär Elon Musk gelten inzwischen als wahre Desinformationsschleudern, die Populisten zu nutzen wissen.
Generell gilt: Das Richtigstellen von Fake News, die sich massenweise in Social-Media-Beiträgen finden, ist ein schwieriges Unterfangen. Hier sind vor allem die Ansätze erfolgversprechend, die das internationale Team rund um den australischen Kognitionspsychologen Stephan Lewandowsky im "Debunking Handbook" von 2020 (deutsche Version: "Widerlegen, aber richtig") auf der Basis aktueller Forschung zusammengetragen hat. Eine erfolgreiche Widerlegung setzt sich demnach in der Regel aus vier Komponenten zusammen:
a) Mit den Fakten starten. Die Fakten sollten knapp und verständlich dargelegt werden.
b) Darauf hinweisen, dass nun eine Falschinformation folgt. Die Falschinformation nur einmal erwähnen, um zu vermeiden, dass sie "hängen" bleibt.
c) Erklären, wie die Falschinformation in die Irre führt.
d) Die Fakten nochmals mehrfach wiederholen. Dabei sicherstellen, dass die Fakten als Erklärung für den diskutierten Sachverhalt dienen.
Dabei kommt es nicht nur auf die Widerlegung an, sondern auch auf die Glaubwürdigkeit der Person bzw. Institution, die die Widerlegung vornimmt.
1 Kommentar verfügbar
Peter Nowak
vor 3 WochenSo lese ich in der Wochenzeitung Freitag das Statement einer Kathrin Waldstädt, die sich als Umweltschützerin…