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Medienpolitik in der EU

Gegen den Kahlschlag

Medienpolitik in der EU: Gegen den Kahlschlag
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Rechtsradikale stehen für gewöhnlich auf Kriegsfuß mit der Pressefreiheit im Allgemeinen und mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Besonderen. Derweil boomt das Geschäftsmodell mit der Desinformation. Die EU und viele Mitgliedsstaaten suchen ein Gegengift – bisher erfolglos.

Am einfachsten wird es in Österreich sein, unliebsamen Zeitungen den Stecker zu ziehen. Das Land leistet sich seit vielen Jahren ein europaweit einmaliges und umstrittenes Modell der Presseförderung: Einerseits überweist der Staat direkt Geld auf die Konten von Medienunternehmen, andererseits schaltet die öffentliche Hand Anzeigen im Übermaß – auch solche, die weniger der Information der Bevölkerung dienen sollen als den Interessen der Auftraggeber.

Ganz unverhohlen gab Dominik Nepp, der Wiener FPÖ-Chef, dieser Tage Einblicke in die künftige Strategie, sollten seine radikalen "Freiheitlichen" tatsächlich den nächsten Kanzler stellen. "5 gute Jahre, wenn es mit diesem 'Scheißblatt' endlich vorbei ist", postete der 42-Jährige, der vor zwei Jahren wegen verschiedener Aussagen sogar auf Twitter/X gesperrt war. Mit dem derben Etikett bedachte er die renommierte, bundesweit erscheinende liberale Tageszeitung "Der Standard". Missfallen hatte ihm die Berichterstattung des Blattes über Aussagen zweier FPÖ-Nationalräte bei einem FPÖ-Stammtisch, mitgeschnitten von France Télévision. Von dem Treffen ist unter anderem die Aussage dokumentiert, in Österreich habe man ein "übertriebenes Bewusstsein" für Menschenrechte.

Orbán als Role Model zur Abschaffung der freien Presse

Nepps unverhohlene Drohung gegenüber dem "Standard" schlug prompt internationale Wellen. Sie rückt Österreich ideologisch noch näher an den Nachbarn Ungarn, Role Model für alle, die wie Orbán, Meloni, Putin, Trump und Co. ihre Länder umbauen wollen in Richtung "illiberale Demokratie", wie der ungarische Alleinherrscher schönzufärben versucht. Wer wissen will, wovon Politiker:innen der "Alternative für Deutschland" (AfD) medienpolitisch träumen, was passiert, "wenn wir am Ruder sind", wie die Bundesvorsitzende Alice Weidel sagt, muss eben diesen Viktor Orbán in den Blick nehmen.

Schon seit seiner ersten Amtszeit zwischen 1998 und 2002 ist das Klima vergiftet. Der spektakuläre Wahlsieg von 2010, als seine Partei Fidesz die absolute Mehrheit gewann und die Sozialdemokraten wegen eines Politskandals mehr als die Hälfte ihrer Stimmen einbüßten, mündete in einen Kahlschlag. 2017 geriet die gesamte regionale Presse des Landes endgültig in die Hände Orbán-freundlicher Unternehmer. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es nicht mehr, kritische Printmedien und Portale mussten eingestellt werden. 2021 ging der allerletzte unabhängige Radiosender vom Netz. Gerade gegen Journalist:innen wird Spähsoftware eingesetzt.

Politischer Spielball

Weil "der Bedarf an Qualitätsjournalismus nie so groß war wie aktuell", wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagt, hat das Land ein "Medienpaket" beschlossen. Die Meinungsbildung dürfe nicht "einigen wenigen globalen Plattformen überlassen werden", heißt es darin, "der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) muss ein Gegengewicht dazu sein, zugleich aber sein Qualitätsversprechen Tag für Tag aufs Neue einlösen." Vorgelegt ist ein sogenannter "Reformstaatsvertrag", der sich auch des umstrittenen Themas Beitragserhöhung annimmt. Medienstaatssekretär Rudi Hoogvliet (Grüne) macht aus seiner Überzeugung keinen Hehl, dass er die gegenwärtig angestrebten 7 Euro 50 pro Jahr für "angemessen" hält. Auch das Land hat sich aber mit der Einführung eines Widerspruchsmodells mit einem Systemwechsel ab 2027 einverstanden erklärt, das ein Quorum der Länder vorsieht, die einem Vorschlag widersprechen können. "Der Rundfunkbeitrag darf nicht zum politischen Spielball werden", so Hoogvliet. Teil des Medienpakets ist aber auch die Reduzierung des Umfangs an Hörfunkprogrammen und Spartenkanälen im ÖRR. Zur Unterstützung von Printangeboten und Zeitungsverlagen werden zudem die Vorgaben zur Presseähnlichkeit der Angebote der Anstalten "nachgeschärft". Die notwendige Unterzeichnung des neuen Staatsvertrags durch alle Ministerpräsident:innen ist für März vorgesehen.  (jhw)

Für "Reporter ohne Grenzen" gehört der Slowake Robert Fico in dieselbe Kategorie von "Politikern, die versuchen, den Raum für unabhängigen Journalismus zu verringern". Auch Fico diskreditiert kritische Medienvertreter:innen schon seit Jahren. Einmal sprach er von "dreckigen anti-slowakischen Huren" und bestand auf Nachfrage ausdrücklich auf dieser Formulierung. 2024 wurde er bei einem Attentat durch einen 71-Jährigen lebensgefährlich verletzt. Liberale Slowakei-Kenner:innen eint die Einschätzung, dass die immer weiter vorangetriebene Polarisierung der Gesellschaft und die Umdeutung von Kritik in Hass und Hetze der Nährboden dieses Anschlags gewesen ist. Die Fico-Partei Smer klagt derweil Medien sowie Opposition an, "einen Galgen" für den Ministerpräsidenten errichtet zu haben.

"Du Ratte traust Dich hierher"

Brandbeschleuniger in Ländern, die im World Press Freedom Index 2024 mit "gut" abschneiden, darunter die Bundesrepublik, sind die Corona-Nachwirkungen. Wo immer AfD-Politiker:innen auftreten, werden ihre Falschmeldungen zur Pandemie und zu angeblich millionenfachen Impfschäden geteilt, im Netz kursieren Zehntausende unwissenschaftlicher Behauptungen und grundloser Angriffe auf "Altparteien" und "Systemmedien". Wer dagegenhält oder auch nur nach den in Demokratien üblichen Regeln der Kunst berichten will, muss nicht nur mit verbalen Drohungen rechnen. "Du Ratte traust dich hierher", bekommt ein Reporter der "Ostthüringer Zeitung" zu hören, der von einem sogenannten Bürgerdialog der AfD berichten will und vor den aufgeschlitzten Reifen seines Autos steht.

Um auf klassischen Journalismus nach demokratischen Regeln nicht mehr angewiesen zu sein, schwärmen Rechtspopulist:innen selber aus und werden aktiv. Christina Baum (AfD), früher im Landtag von Baden-Württemberg, heute im Bundestag, verspricht, dass "wir alles dafür tun werden, dass die Wissens- und Forschungsfreiheit wieder hergestellt wird". Zwischen dem sonst üblichen Verständnis dieses hehren Prinzips und den hässlichen Visionen der Zahnärztin aus Lauda-Königshofen liegen Welten.

Medienvielfalt ist eines ihrer Lieblingsthemen. Seit Jahren postet sie aus und für ihre Blase, derzeit sogar aus Washington. Gut findet sie, dass der "Deutschland-Kurier" in den USA vor Ort ist, um "die Bevölkerung zu Hause alternativ zu informieren, damit sie Dinge erfahren, die sie sonst über die normalen Medien nicht erfahren können". Und sie sucht Kontakt zu Robert Kennedy jr., "weil wir das Corona-Unrecht aufarbeiten wollen, und Kennedy wird uns eine wichtige Unterstützung sein".

Jener Robert Kennedy jr., Neffe des berühmten JFK, Sohn von Robert Kennedy und während der Pandemie Kronzeuge hiesiger Impfgegner:innen, denkt laut über ein Aus der Polio-Impfung nach, brachte jüngst 77 Nobelpreisträger:innen wegen seiner Faktenferne gegen sich auf und verbreitet Verschwörungstheorien am laufenden Band. Und der "Deutschland-Kurier" hat mit David Bendels einen früheren CSU-Politiker als Chefredakteur, der immer wieder mit Verunglimpfungen auffällt, die er dann aber als Satire verstanden wissen will. Vor Kurzem hatte er ein Foto von Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbreitet, auf dem ihr ein Schild mit der Aufschrift "Ich hasse die Meinungsfreiheit" in die Hände montiert wurde. Faeser hat daraufhin einen Strafbefehl gegen ihn erwirkt. Sie sei eine "Gefährderin", postete Bendels daraufhin, und "gefährdet die Presse- und Meinungsfreiheit in unserem Lande".

Nicht nur diese Tatsachenumkehr nimmt immer neue Formen an, auch so manche Rollen werden neu verteilt. In Budapest mischte sich unlängst ein enger Mitarbeiter Orbáns unter Medienleute, um dessen schärfsten Konkurrenten Péter Magyar zu provozieren. Das misslang zwar, fachte aber Debatten darüber an, was dem Land noch alles blüht bis zu den Wahlen 2026. "Zweifellos ist hier eine neue Ebene der politischen Kommunikation erreicht", schreibt Szabolcs Dull, ehemaliger Chefredakteur eines reichweitenstarken ungarischen Mediums, der nach einem Einsatz für Meinungs- und Pressefreiheit geschasst wurde.

Politische Berichterstattung stärken

Diese neue Ebene will Österreichs FPÖ ebenfalls tatkräftig bespielen. Finanzsprecher Hubert Fuchs fotografierte Ende der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz vom Podium herab die anwesenden Journalist:innen. Der neben ihm sitzende ÖVP-Fraktionschef August Wöginger verzog keine Miene. Armes Österreich. Immerhin gibt es in Trafiken, wie Zeitungs- und Tabakläden dort heißen, mittlerweile eine verstärkte Nachfrage nach dem "Standard", dem "Scheißblatt", mit dem es nach Vorstellungen der Rechtsradikalen in fünf Jahren vorbei sein soll. Und der "Verein der Chefredakeur:innen" hat sich in nur wenigen Stunden auf eine gemeinsame Erklärung verständigt und deutliche Worte gefunden, trotz der unterschiedlichen Ausrichtung vieler der beteiligten Zeitungen: "Die Pressefreiheit wird in Österreich durch eine Vielzahl (auch voneinander) unabhängiger Medien gewährleistet, die für unterschiedliche Perspektiven, sich ergänzende Recherchen und wechselseitige Kontrolle sorgen." Die Pressefreiheit sei "Bürgerrecht und Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie" Und schließlich: "Die Freiheit der Medien ist die Freiheit aller."

An der EU und den Fachleuten in Brüssel ist die Entwicklung nicht spurlos vorübergegangen. Neue Förderprogramme sind gestartet. Unter anderem werden gegenwärtig mit 5,2 Millionen Euro über 24 Monate "Nachrichtenmedien unterstützt, die für die Demokratie von besonderer Bedeutung sind (zum Beispiel lokale und regionale Medien, Gemeinschaftsmedien, investigativer Journalismus oder auf Nachrichten von öffentlichem Interesse spezialisierte Medien)". Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) wollen mit einem neuen "Bündnis Zukunft Presse" erstmals, wie es heißt, "die strategische und medienpolitische Arbeit der beiden Verbände unter einem Dach bündeln". Die Ziele sind hehr. Die Politik solle gemeinsam "auf die Bedeutung der freien Presse für die freie Meinungsbildung in einer pluralistischen Demokratie hingewiesen und ihr gleichzeitig die Dimensionen der ökonomischen Bedrohungen der Presse durch monopolistisch agierende Technologieplattformen verdeutlicht werden."

Nacharbeiten müssen gerade Verleger:innen angesichts der Entwicklung in Deutschland und Baden-Württemberg aber ebenso im eigenen Bereich: Es gilt, die Bedeutung von aktueller und hintergründiger klassischer politischer Berichterstattung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene zu stärken statt sie immer weiter zurückzufahren.

Medien und Rundfunk in den Wahlprogrammen

Kontext dokumentiert bis zur Bundestagswahl – im Zusammenhang mit eigener Berichterstattung – einschlägige Positionen der Parteien.

CDU/CSU: "Unser Land braucht mehr denn je eine unabhängige Medienlandschaft. Das betrifft die privaten Medien, aber genauso den ÖRR. Es braucht ein Informationsangebot, das nicht überwältigt, belehrt oder bevormundet, nicht tendenziös oder einseitig ist. Wir verpflichten den ÖRR zu seinem Kernauftrag: Sparsamkeit, mehr Meinungsvielfalt und Neutralität. (…) Private Medien brauchen Werbeeinnahmen. Daher tragen wir Sorge dafür, dass das Wettbewerbsumfeld, in dem sie arbeiten, fair gestaltet ist."

SPD: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bleibt eine zentrale Säule des dualen Mediensystems und muss durch eine auftragsgerechte, rechtssichere Finanzierung gestärkt werden. Er soll alle Generationen mit hochwertigen, unabhängigen Angeboten erreichen. Private Medienunternehmen sind eine wichtige zweite Säule und sollen durch gute regulatorische und ordnungspolitische Rahmenbedingungen unterstützt werden, um auch im digitalen Zeitalter ihre wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Relevanz zu sichern. Wir wollen lokale und regionale Medien fördern und innovative Medienformate unterstützen, um die Teilhabe und Vielfalt im Mediensystem zu sichern. Der Kampf gegen Desinformation ist angesichts des schon heute immensen Ausmaßes eine herausragende gesellschaftliche Aufgabe. Medienkompetenz ist eine Grundkompetenz im digitalen Zeitalter. Wir setzen uns dafür ein, Programme zur Förderung der Medien- und Nachrichtenkompetenz für alle Altersgruppen auszubauen, um Manipulation und Desinformation entgegenzuwirken."

Grüne: "Wir setzen uns ein für eine lebendige regionale Medienlandschaft – und fördern gezielt den Lokaljournalismus. Eine kluge und mit den Ländern abgestimmte Förderung zielt auf die Unterstützung der Arbeit von Journalist*innen, stärkt die Medienvielfalt und schützt funktionierende Märkte – auch durch gemeinnützige Ansätze. Gleichzeitig machen wir den Journalismusberuf attraktiver und sicherer, um gut ausgebildete Nachwuchskräfte für die Zukunft zu gewinnen. (…) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sichert die pluralistische, staatsferne und unabhängige Berichterstattung und kann daher ein Punkt der Orientierung auch im Angesicht von Desinformationskampagnen sein. Es ist wichtig, dass er diese bewährte Funktion auch im Digitalen ausfüllen kann. Die dafür nötigen Reformen sichern wir mit einer auskömmlichen Finanzierung und verlässlichen Rahmenbedingungen. Auf europäischer Ebene unterstützen wir eine Plattform, die länderübergreifend die öffentlich-rechtlichen Informationsangebote zusammenführt und zugänglich macht."

FDP: "Presse- und Meinungsfreiheit stehen von innen und außen zunehmend unter Druck und müssen geschützt werden. Die Meinungsfreiheit ist eine der tragenden Säulen des demokratischen Gemeinwesens. (…) In der Bevölkerung entsteht zunehmend der Eindruck, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) mehr Meinungsvielfalt benötigt und die sachliche Berichterstattung mehr Raum einnehmen muss. Wir setzen uns dafür ein, dass dem idealerweise im Rahmen einer 'Reform von Innen' Rechnung getragen wird. Wir bekennen uns zum dualen Mediensystem – bestehend aus dem ÖRR und privaten Medien. Konkurrenz zu jedem Angebot privater Medien ist jedoch nicht Aufgabe des ÖRR. Deshalb wollen wir einen moderneren und schlankeren ÖRR, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert: Nachrichten, Bildung und Informationen. Durch eine Reduktion der Kanäle sowie den Abbau von Doppelstrukturen wollen wir den Rundfunkbeitrag deutlich senken. Junge Menschen in Ausbildung wollen wir vom Rundfunkbeitrag befreien."

AfD: "Die freie Meinungsäußerung schließt auch das Recht auf Irrtum ein. In letzter Zeit wird jedoch durch öffentlich-rechtliche sowie ꞌnicht-staatlicheꞌ Akteure versucht, die Meinungsfreiheit durch direkte Verbote oder Delegitimierung kritischer Meinungen einzuschränken. Immer mehr öffentlich-rechtliche sowie nicht-staatliche Akteure, sogenannte ꞌNGOsꞌ, wie zum Beispiel ꞌFaktencheckerꞌ oder ꞌCorrectivꞌ, werden über staatliche Beauftragung und Finanzierung für Desinformationskampagnen eingespannt. (…) Mit rund 9 Milliarden Gebührenaufkommen zuzüglich Werbeeinnahmen ist der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nur der teuerste der Welt, sondern er verfügt auch über ein Vielfaches an Finanz- und Personalressourcen aller privaten Medien insgesamt. Der strukturell, personell und finanziell eng mit den etablierten Parteien vernetzte Apparat nutzt diese Macht entgegen den Anforderungen des Medienstaatsvertrags gezielt zur Meinungsmache bis hin zur Manipulation. In seiner jetzigen Form ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr zeitgemäß. Er muss grundlegend reformiert, verschlankt und entideologisiert werden. Die AfD setzt sich vehement für eine nachhaltige Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, dessen Aufgabe allein eine gebührenfreie Grundversorgung mit Informations-, Kultur- und Regionalprogrammen sein soll."

BSW: "Vertrauen und Akzeptanz der Bürger in Medieninhalte nehmen kontinuierlich ab. Auf den Verbreitungsplattformen der Tech-Giganten steuern intransparente und von den Anbietern manipulierbare Algorithmen die Nachrichten. Alternative Fakten und verengte Meinungskorridore gefährden den demokratischen Diskurs. (…) Wir wollen eine grundlegende Reform des ÖRR und eine Neuverhandlung des Medienstaatsvertrages. Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags lehnen wir ab. (…) Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht abschaffen, sondern so reformieren, dass er Vertrauen zurückgewinnen kann. (…) Bildungsprogramme und Berichterstattungen über politische und kulturelle Ereignisse stehen derzeit in keinem angemessenen Verhältnis zu den Angeboten von Unterhaltungs- und Sportprogrammen. (…) Die Vergütung der Intendanten und Direktoren sollten deutlich reduziert werden und künftig an die Besoldungen des öffentlichen Dienstes gekoppelt werden. Honorarzahlungen an Kommentatoren, Experten und Prominente sollen begrenzt werden und öffentlich einsehbar sein. In den Aufsichtsgremien des ÖRR, die sowohl Finanzen als auch den gesetzlich geregelten Programmauftrag überwachen, sitzen mehrheitlich staats- oder parteinahe Vertreter. In den Redaktionen herrscht allzu oft eine journalistische Einheitsmeinung vor. (…) Wir fordern die Einrichtung einer Enquete-Kommission: Die Berichterstattung und Kommentierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist darauf zu untersuchen, ob sie dem Auftrag zu objektiver Information und Regierungsferne entspricht."

Linke: "Für demokratische Aushandlung und Meinungsbildung braucht es vielfältige Medien. Aber Zeitungen sterben und gehören stärker zu Großkonzernen. Private Plattformen verfügen über große Meinungs- und Marktmacht und setzen sie ein. Hassbotschaften und Fake News nehmen zu. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte ein Gegengewicht sein. Er muss seine demokratische Funktion besser erfüllen können. Journalistische Standards in der Medienlandschaft müssen gestärkt werden. (…) Die Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss erhalten bleiben, einschließlich Arte, 3-Sat und Kulturradios. (…) Die Gehalts- und Ausgabenstrukturen im öffentlich-rechtlichen-Rundfunk müssen offengelegt werden, einschließlich Beraterstrukturen. (…) Um Meinungsvielfalt zu erhalten, müssen Fusionen bei Medien stärker kontrolliert werden. Non-Profit-Journalismus muss als gemeinnützig anerkannt werden. Systematische Einschüchterungsklagen oder Abmahnungen gegen kritische Recherchen müssen geahndet werden. (…) Medienschaffende müssen besser vor Übergriffen, Verfolgung und Gewalt geschützt werden. (…) Durch Künstliche Intelligenz erzeugte Medieninhalte müssen gekennzeichnet werden und die Plattformen haften bei Falschinformationen und Rechtsverstößen durch solche Inhalte. Die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials für das Training von KI-Modellen muss vergütet werden. (…) Soziale Einrichtungen und Menschen mit Behinderung wollen wir vom Rundfunkbeitrag befreien. Beitragsbefreiungen sollten für Berechtigte automatisch erfolgen."  (ks)

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1 Kommentar verfügbar

  • Philipp Horn
    am 22.01.2025
    Antworten
    Das Problem sind auch viele Medien selber, wie z.B. die "Welt" oder auch viele Lokalzeitungen, die der AfD ziemlich unkritisch bzw einer falsch verstandener Ausgewogenheit sie viel zu ausführlich & unhinterfragt zu Wort kommen lassen. Wie z.B. die "BNN".
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