Medien und Rundfunk in den Wahlprogrammen
Kontext dokumentiert bis zur Bundestagswahl – im Zusammenhang mit eigener Berichterstattung – einschlägige Positionen der Parteien.
CDU/CSU: "Unser Land braucht mehr denn je eine unabhängige Medienlandschaft. Das betrifft die privaten Medien, aber genauso den ÖRR. Es braucht ein Informationsangebot, das nicht überwältigt, belehrt oder bevormundet, nicht tendenziös oder einseitig ist. Wir verpflichten den ÖRR zu seinem Kernauftrag: Sparsamkeit, mehr Meinungsvielfalt und Neutralität. (…) Private Medien brauchen Werbeeinnahmen. Daher tragen wir Sorge dafür, dass das Wettbewerbsumfeld, in dem sie arbeiten, fair gestaltet ist."
SPD: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bleibt eine zentrale Säule des dualen Mediensystems und muss durch eine auftragsgerechte, rechtssichere Finanzierung gestärkt werden. Er soll alle Generationen mit hochwertigen, unabhängigen Angeboten erreichen. Private Medienunternehmen sind eine wichtige zweite Säule und sollen durch gute regulatorische und ordnungspolitische Rahmenbedingungen unterstützt werden, um auch im digitalen Zeitalter ihre wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Relevanz zu sichern. Wir wollen lokale und regionale Medien fördern und innovative Medienformate unterstützen, um die Teilhabe und Vielfalt im Mediensystem zu sichern. Der Kampf gegen Desinformation ist angesichts des schon heute immensen Ausmaßes eine herausragende gesellschaftliche Aufgabe. Medienkompetenz ist eine Grundkompetenz im digitalen Zeitalter. Wir setzen uns dafür ein, Programme zur Förderung der Medien- und Nachrichtenkompetenz für alle Altersgruppen auszubauen, um Manipulation und Desinformation entgegenzuwirken."
Grüne: "Wir setzen uns ein für eine lebendige regionale Medienlandschaft – und fördern gezielt den Lokaljournalismus. Eine kluge und mit den Ländern abgestimmte Förderung zielt auf die Unterstützung der Arbeit von Journalist*innen, stärkt die Medienvielfalt und schützt funktionierende Märkte – auch durch gemeinnützige Ansätze. Gleichzeitig machen wir den Journalismusberuf attraktiver und sicherer, um gut ausgebildete Nachwuchskräfte für die Zukunft zu gewinnen. (…) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sichert die pluralistische, staatsferne und unabhängige Berichterstattung und kann daher ein Punkt der Orientierung auch im Angesicht von Desinformationskampagnen sein. Es ist wichtig, dass er diese bewährte Funktion auch im Digitalen ausfüllen kann. Die dafür nötigen Reformen sichern wir mit einer auskömmlichen Finanzierung und verlässlichen Rahmenbedingungen. Auf europäischer Ebene unterstützen wir eine Plattform, die länderübergreifend die öffentlich-rechtlichen Informationsangebote zusammenführt und zugänglich macht."
FDP: "Presse- und Meinungsfreiheit stehen von innen und außen zunehmend unter Druck und müssen geschützt werden. Die Meinungsfreiheit ist eine der tragenden Säulen des demokratischen Gemeinwesens. (…) In der Bevölkerung entsteht zunehmend der Eindruck, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) mehr Meinungsvielfalt benötigt und die sachliche Berichterstattung mehr Raum einnehmen muss. Wir setzen uns dafür ein, dass dem idealerweise im Rahmen einer 'Reform von Innen' Rechnung getragen wird. Wir bekennen uns zum dualen Mediensystem – bestehend aus dem ÖRR und privaten Medien. Konkurrenz zu jedem Angebot privater Medien ist jedoch nicht Aufgabe des ÖRR. Deshalb wollen wir einen moderneren und schlankeren ÖRR, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert: Nachrichten, Bildung und Informationen. Durch eine Reduktion der Kanäle sowie den Abbau von Doppelstrukturen wollen wir den Rundfunkbeitrag deutlich senken. Junge Menschen in Ausbildung wollen wir vom Rundfunkbeitrag befreien."
AfD: "Die freie Meinungsäußerung schließt auch das Recht auf Irrtum ein. In letzter Zeit wird jedoch durch öffentlich-rechtliche sowie ꞌnicht-staatlicheꞌ Akteure versucht, die Meinungsfreiheit durch direkte Verbote oder Delegitimierung kritischer Meinungen einzuschränken. Immer mehr öffentlich-rechtliche sowie nicht-staatliche Akteure, sogenannte ꞌNGOsꞌ, wie zum Beispiel ꞌFaktencheckerꞌ oder ꞌCorrectivꞌ, werden über staatliche Beauftragung und Finanzierung für Desinformationskampagnen eingespannt. (…) Mit rund 9 Milliarden Gebührenaufkommen zuzüglich Werbeeinnahmen ist der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nur der teuerste der Welt, sondern er verfügt auch über ein Vielfaches an Finanz- und Personalressourcen aller privaten Medien insgesamt. Der strukturell, personell und finanziell eng mit den etablierten Parteien vernetzte Apparat nutzt diese Macht entgegen den Anforderungen des Medienstaatsvertrags gezielt zur Meinungsmache bis hin zur Manipulation. In seiner jetzigen Form ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr zeitgemäß. Er muss grundlegend reformiert, verschlankt und entideologisiert werden. Die AfD setzt sich vehement für eine nachhaltige Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, dessen Aufgabe allein eine gebührenfreie Grundversorgung mit Informations-, Kultur- und Regionalprogrammen sein soll."
BSW: "Vertrauen und Akzeptanz der Bürger in Medieninhalte nehmen kontinuierlich ab. Auf den Verbreitungsplattformen der Tech-Giganten steuern intransparente und von den Anbietern manipulierbare Algorithmen die Nachrichten. Alternative Fakten und verengte Meinungskorridore gefährden den demokratischen Diskurs. (…) Wir wollen eine grundlegende Reform des ÖRR und eine Neuverhandlung des Medienstaatsvertrages. Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags lehnen wir ab. (…) Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht abschaffen, sondern so reformieren, dass er Vertrauen zurückgewinnen kann. (…) Bildungsprogramme und Berichterstattungen über politische und kulturelle Ereignisse stehen derzeit in keinem angemessenen Verhältnis zu den Angeboten von Unterhaltungs- und Sportprogrammen. (…) Die Vergütung der Intendanten und Direktoren sollten deutlich reduziert werden und künftig an die Besoldungen des öffentlichen Dienstes gekoppelt werden. Honorarzahlungen an Kommentatoren, Experten und Prominente sollen begrenzt werden und öffentlich einsehbar sein. In den Aufsichtsgremien des ÖRR, die sowohl Finanzen als auch den gesetzlich geregelten Programmauftrag überwachen, sitzen mehrheitlich staats- oder parteinahe Vertreter. In den Redaktionen herrscht allzu oft eine journalistische Einheitsmeinung vor. (…) Wir fordern die Einrichtung einer Enquete-Kommission: Die Berichterstattung und Kommentierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist darauf zu untersuchen, ob sie dem Auftrag zu objektiver Information und Regierungsferne entspricht."
Linke: "Für demokratische Aushandlung und Meinungsbildung braucht es vielfältige Medien. Aber Zeitungen sterben und gehören stärker zu Großkonzernen. Private Plattformen verfügen über große Meinungs- und Marktmacht und setzen sie ein. Hassbotschaften und Fake News nehmen zu. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte ein Gegengewicht sein. Er muss seine demokratische Funktion besser erfüllen können. Journalistische Standards in der Medienlandschaft müssen gestärkt werden. (…) Die Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss erhalten bleiben, einschließlich Arte, 3-Sat und Kulturradios. (…) Die Gehalts- und Ausgabenstrukturen im öffentlich-rechtlichen-Rundfunk müssen offengelegt werden, einschließlich Beraterstrukturen. (…) Um Meinungsvielfalt zu erhalten, müssen Fusionen bei Medien stärker kontrolliert werden. Non-Profit-Journalismus muss als gemeinnützig anerkannt werden. Systematische Einschüchterungsklagen oder Abmahnungen gegen kritische Recherchen müssen geahndet werden. (…) Medienschaffende müssen besser vor Übergriffen, Verfolgung und Gewalt geschützt werden. (…) Durch Künstliche Intelligenz erzeugte Medieninhalte müssen gekennzeichnet werden und die Plattformen haften bei Falschinformationen und Rechtsverstößen durch solche Inhalte. Die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials für das Training von KI-Modellen muss vergütet werden. (…) Soziale Einrichtungen und Menschen mit Behinderung wollen wir vom Rundfunkbeitrag befreien. Beitragsbefreiungen sollten für Berechtigte automatisch erfolgen." (ks)
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Philipp Horn
am 22.01.2025