Zurück nach Berlin: Nun liegt die Entscheidung über die Förderung von gemeinnützigem Journalismus bei den Finanzpolitikern in den Verhandlungsrunden. Und die haben immer – neben der Angst vor den Verlegern – auch Angst um ihre Finanzen. Können Sie denen die Sorge nehmen?
Die Sorge will ich ihnen gar nicht nehmen, Meinungsvielfalt soll und darf ja kosten. Natürlich soll der Staat mit Geld reingehen. Zunächst ist das Sache des Bundes, aber auch die Länder können sich in der Verantwortung sehen. Das muss schon ein ordentlicher Betrag sein, der da locker gemacht wird zugunsten eines vielfältigen Journalismus. Überzeugen muss man insbesondere die Finanzpolitiker, weil die befürchten, dass sich viele andere melden, wenn die Liste über die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen steuerrechtlichen Privilegien für den Journalismus geöffnet wird. Und dass es dann schwierig wird, den Einzelfall durchzusetzen.
Der Bridgeverein jedenfalls ist schon gemeinnützig. Dessen Bewerbung ist nicht mehr zu befürchten. Eine andere Sorge ist aber auch, dass es dann Steuerbefreiung geben könnte für den Axel Springer-Verlag oder für die SWMH. Das widerspräche dem Verbot der Gewinnorientierung.
Ja, deshalb kann man das ausschließen. Und natürlich müsste es auch bei denen, die gemeinnützig arbeiten, ein Gremium geben, das solche Anträge auf Förderung prüft. Das kann nicht das Ministerium sein oder das Finanzamt, die Vergabe sollte staatsfern sein. Hier müsste ein neutrales Gremium zwischengeschaltet werden, das sich die Bilanzen anschaut und die Leistungen, die von einem solchen gemeinnützigen Unternehmen erbracht werden.
Beliebt ist auch das Argument, dass damit Projekte unterstützt würden, die am Markt scheitern würden, weil sie keiner nutzt. Also nur noch Gartenblogs, weil Hintergrundrecherchen nicht laufen?
Das ist ausgemachter Quatsch. Masse kann nicht das Kriterium sein. Hier wird man sich anschauen müssen, ob tatsächlich Journalismus geleistet wird. Aber sicher nicht, ob der dann von vielen genutzt wird.
Lokale Verlagsangebote, sorgen sich die Verleger, würden dadurch geschädigt.
Das Gegenteil ist der Fall. Lokale Angebote würden sogar verbessert. Wenn Konkurrenz entsteht, bin ich als Verleger gezwungen, in die Redaktion zu investieren. Schaden leidet vielleicht der Verlag, in dem womöglich die Rendite sinkt. Aber das muss nicht unbedingt unsere Sorge sein.
Herr Röper, als Zeitungswissenschaftler kämpfen Sie seit vielen Jahren für den Lokaljournalismus, für den gemeinnützigen Journalismus. Nun sind die Koalitionsverhandlungen zu diesem Thema immerhin in der zweiten Runde. Gönnen Sie sich einen vorsichtigen Optimismus?
Vorsichtiger Optimismus – der Begriff gefällt mir. Wir haben auch in der letzten Legislaturperiode in Berlin solche Verhandlungen erlebt. Und die Medienpolitiker aus einzelnen Fraktionen hatten ein offeneres Ohr für dieses Anliegen, während die Finanzpolitiker wieder ein Stopp-Signal gesetzt haben. Jetzt bin ich optimistischer, dass wir endlich einen Durchbruch erzielen, der für die Vielfalt im Journalismus unverzichtbar ist.
Horst Röper (64) gilt als der beste Kenner der Medienkonzentration in Deutschland. Als Geschäftsführer des Medienforschungsinstituts Formatt in Dortmund erforschte er lange Jahre den Verlust von Medienvielfalt und Qualität in den Printmedien. Als er im vergangenen Jahr in Rente ging, schrieb der Medienredakteur Steffen Grimberg in der taz: "Is nicht, Horst. Wir brauchen dich." Stimmt. Und natürlich verfolgt der Medienexperte die derzeitigen Verhandlungen in Berlin mit scharfen Augen und, wie er jetzt gegenüber Kontext sagt, vorsichtig optimistisch.
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Stefan Strohmeyer
am 10.11.2021Finde den Fehler...