Mit ihren steilen Thesen zur Vermarktung, sagen viele Print-Redakteure, habe Bönisch eine rote Linie überschritten. Die Einlassungen der Digital-Chefin stellten "ein absolutes No-Go" dar. Auch dass sie in ihrem Text ihre beiden Chefredakteurskollegen Kister und Krach als angeblich unmodern und überkommen vorgeführt hatte, wird ihr redaktionsweit verübelt. Den Transformationsprozess in den Medien hatte sie auf einen Konflikt zwischen rückständigen mittelalten Männern und digital und modern denkenden jungen Frauen zugespitzt, die "für Veränderung" stünden. Statt sich um Schönschreiberei, Texte und ums Blattmachen zu kümmern, folgerte die Digital- Chefin, müsse eine Medien-Führungskraft von heute sich mehr dem Workflow annehmen, die Prozesse und ihre Optimierung steuern. Kurz gesagt: brauche man mehr "gute Manager an der Spitze von Redaktionen", als solche sich Bönisch offenbar auch selbst sieht.
Frau, Onlinerin, noch keine 40, ein Affront
Dass es aber in der Redaktion gewaltige Vorbehalte gegen sie gibt, ist Bönisch nicht unbekannt. Schon in ihrem Beitrag hatte sie geschrieben: "Für manchen Kollegen in der Branche bin ich ein Affront. Frau, Onlinerin, noch keine 40." Auch dass sie "publizistisch kaum in Erscheinung" trete, wie sie selbst einräumt, wird ihr vorgehalten. Kurz und knapp lautet die Kritik: die Bönisch kann es nicht.
Bönisch war 2007 kurz nach dem Studium eingestellt worden. Zunächst war sie für Bildungsthemen zuständig; aber schon drei Jahre später reüssierte sie als Chefin vom Dienst und 2017 beförderte man sie zur Chefredakteurin von sueddeutsche.de. Im Mai 2018 wurde sie wie ihr Vorgänger Stefan Ottlitz (vormals Plöchinger) in die Gesamtchefredaktion der Süddeutschen Zeitung berufen – ironischerweise übrigens auf Vorschlag von Kister und Krach. Damit war sie das erste weibliche Mitglied an der SZ-Spitze.
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Philippe Ressing
am 18.08.2019Klinger
am 17.08.2019