Erklärvideos "nicht verfügbar"
Nach über einer Stunde Wartezeit konnte sie schließlich bei einer Mitarbeiterin persönlich vorsprechen. Auch bei ihr hakte das System, sodass eine Kollegin sich erstmal anmelden musste, um die Arbeitslosenmeldung von Frau Maier zu bearbeiten. Ganz abgeschlossen war damit der Prozess jedoch nicht: Den Antrag auf Arbeitslosengeld sollte sie erneut online ausfüllen, obwohl sich ihre Situation seit der letzten Meldung, bevor sie krank wurde, nicht geändert hatte. Erstaunlicherweise ist bis heute auf Maiers Online-Profil immer noch nicht zu sehen, dass sie sich arbeitslos angemeldet hat. Das Analoge und das Digitale kommunizieren bei der Agentur offensichtlich nicht.
Jetzt, da sie weiterhin auf die Bearbeitung ihres Antrags wartete, versuchte Frau Maier sich online über Bund-ID anzumelden und ihre Bankdaten zu ändern. Ein Schildsymbol zeigte drei Stufen der Anmeldeoptionen: Sie sei aktuell nur über die niedrigste, die "Basisregistrierung", angemeldet und solle sich bei Bund-ID anmelden.
Vergebens. Es kam eine Fehlermeldung, obwohl sie jetzt einen Pin für ihren Personalausweis vom Bürgerbüro bekommen hat. "Hier finden Sie ein Erklärvideo", stand dann da, sie klickte darauf – und bekam die Info, dass das Video "nicht verfügbar" sei. Ein anderes Video mit dem Titel "Digitale Grundinformationen" auf YouTube soll den digitalen Service erläutern. Auch hier: nicht verfügbar.
Google-Bewertungen bestätigen das Bild
Dass der Fall von Frau Maier kein Einzelfall ist, belegt eine Auswertung der Google-Rezensionen von Arbeitsagenturen in Deutschland durch das Verbraucherportal " Allright". Das hat alle Agenturen berücksichtigt, die mehr als hundert Mal bewertet wurden, und insgesamt über 46.000 Bewertungen zusammengetragen. Im Durchschnitt wurden die Agenturen mit 2,96 von fünf Sternen bewertet. Die Stuttgarter Agentur liegt mit 2,8 Sternen sogar unter diesem ohnehin niedrigen Durchschnitt. Das beste Ergebnis in Baden-Württemberg erzielt Ravensburg mit 3,1 Sternen. Laut den Google-Rückmeldungen sind die Kund:innen in Düsseldorf am meisten mit ihrer Agentur zufrieden.
Auch wenn solche Bewertungen nicht gerade wissenschaftlichen Standards entsprechen, machen sie doch deutlich, wie groß die Frustration vieler Kundinnen und Kunden ist. In den Bewertungen geht es immer wieder um fehlerhafte oder unübersichtliche Digitalprozesse, lange Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Arbeitslosengeld und eine nur oberflächliche Unterstützung bei der Jobsuche – oft werden Kompetenzen nur mit Checklisten abgefragt. "Die Organisation ist eine Katastrophe", schreibt ein Nutzer auf Google. "Digitales Zeitalter", kommentiert ein anderer sarkastisch und beschreibt, dass er zwei Stunden damit beschäftigt war, sein Bund-ID-Konto mit dem der Agentur zu verknüpfen. Manche fragen auch, wie Menschen zurechtkommen sollen, die keinen deutschen Personalausweis haben? Oder die mit Online-Diensten nicht vertraut sind?
Digitalisierung erst im Pilotprojekt
Wenn die Agentur für Arbeit ihre Klientinnen und Klienten so langsam bedient, bedeutet das nicht nur einen Verlust für die Wirtschaft, sondern auch, dass Menschen langfristig arbeitslos bleiben und schließlich beim Jobcenter landen könnten, um dort Bürgergeld – bald Grundsicherung – zu beantragen. Ob dort die Digitalisierung besser läuft? Ende September kam die Pressemitteilung, dass drei kommunale Jobcenter in Baden-Württemberg ein Pilotprojekt zur Digitalisierung starten. "Digitale Jobcenter sind kein Zukunftsthema mehr – wir machen es möglich. Wir modernisieren den Staat Schritt für Schritt", wird Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut zitiert.
Die revolutionäre Lösung: Daten sollen von den Behörden nur einmal erhoben und dann für weitere Verwaltungsverfahren wiederverwendet werden. Bürgerinnen und Bürger müssten dieselben Informationen also nicht mehrfach bereitstellen, stattdessen fließen die Daten digital zwischen den Behörden. Klingt nach einer echt zukunftsweisenden Revolution im Jahr 2025.
Am Ende interessiert die Arbeitslosen, die Wirtschaft und den Sozialstaat eines: die Menschen schnell wieder in Arbeit zu bringen. Warum nicht bei der Agentur für Arbeit, wenn sie so eine tolle Arbeitgeberin ist?
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