Auch der Verfassungsschutz warnt vor einer wachsenden Zahl junger, nicht organisierter Ülkücü-Anhänger, die durch verbale Aggression, Gewaltbereitschaft und Straftaten auffallen, wie das Landesamt Baden-Württemberg in seinem Bericht von 2023 schreibt. "In diesem Milieu ist zudem eine gesteigerte Waffenaffinität zu beobachten."
Offensichtlich ist es also doch nicht ganz so, als wäre türkischer Rechtsextremismus bislang ein "blinder Fleck" gewesen, wie FaTRex-Leiterin Özge Erdoğan bei der Pressekonferenz kritisierte. Neben dem Verfassungsschutz haben auch viele Monitoring- und Beratungsstellen in ganz Deutschland das Phänomen im Fokus. Eine Fachstelle allerdings, die sich ausschließlich mit diesem Phänomen beschäftigt, hat es bisher nicht gegeben.
Doch wie sinnvoll ist eine so spezialisierte Stelle? Mathieu Coquelin, Geschäftsführer der von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg getragenen Fachstelle für Extremismusdistanzierung (FEX), hat gemischte Gefühle gegenüber diesem exklusiven Ansatz. Einerseits begrüßt er, dass mit der neuen Stelle "die politische Dimension des türkischen Rechtsextremismus und eine lange marginalisierte Betroffenenperspektive stärker sichtbar werden". Andererseits wisse man aus der Praxis, "dass sich Ideologiefragmente und Hinwendungsdynamiken von türkischem Rechtsextremismus und Islamismus häufig überschneiden".
"Wir haben das auf dem Schirm", sagt dazu Erol Ünal, der als Fachreferent bei FaTRex arbeitet – "auch die Verbindungen zur türkischen Regierungspartei AKP und die Überschneidungen mit dem deutschen Rechtsextremismus". Alle dafür notwendige Expertise sei im Team vorhanden. Ünal stammt aus Esslingen und wurde als Kind von seinem Vater in Moscheegemeinden der Grauen Wölfe geschickt. Später hat er ein Buch über diese Zeit und seine Abwendung von der Szene geschrieben ("Der Abtrünnige").
Auch Coquelins leise Kritik, man hätte sich eher eine Landes- als eine Bundesfachstelle gewünscht, kontert Ünal. Die Referent:innen seien in allen Bundesländern beratend und aufklärend unterwegs. Beispielsweise habe er unlängst einen Vortrag für die SPD-Landtagsfraktion in Stuttgart gehalten.
Bei einem anderen Aspekt muss sich erst noch zeigen, was die neue Stelle leisten kann. Coquelin weist darauf hin, wie wichtig bei der Bildungsarbeit eine enge Verzahnung mit etablierten Strukturen wie Kultusministerien oder Verbänden der Jugendarbeit sei. Das Ziel sei ja, "Multiplikatoren zu erreichen, von der Lehrerin bis zum Jugendsozialarbeiter. Denn die müssen das Problem am Ende mit den Jugendlichen thematisieren". Ob FaTRex als neuer Akteur sich diese Zugänge schnell verschaffen kann, sei noch nicht ausgemacht.
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