In Heidelberg tritt die 2024 gegründete "Initiative für Demokratie und Aufklärung e.V." (IDA) an. Sie schreibt auf ihrer Homepage, sie trete "mit dem klaren Ziel an, den irrationalen und übergriffigen Trends von Klimawandelhysterie, Genderwahn, Gesundheitstotalitarismus und falsch verstandener politischer Korrektheit entgegenzuwirken und vernünftige, sachliche Politik zu fördern". Der IDA-Kandidat Dr. Gunter Frank ist zugleich auch Mitglied der Werteunion.
In Vaihingen/Enz tritt die Liste "Wir in Vaihingen – mischen uns ein!" ("Die Bürgerinitiative in Vaihingen an der Enz") mit 27 Personen an, die dem lokalen Querdenken-Ableger nahesteht. In Karlsruhe kandidiert die 2014 gegründete Liste "Demokratie und Aufklärung Karlsruhe n. e. V.", die sich anfangs "PAA Pandemie Aufklärung und Aufarbeitung" nannte. In Offenburg treten zur Gemeinderatswahl "Freie Bürger Offenburg" an, in deren Reihen sich ehemalige Mitglieder von "die Basis" finden. Auch die "Offene Liste für Kernen" fordert eine "Aufarbeitung der Corona-Krise" und kandidiert für den Gemeinderat in Kernen.
Alternative für Migrant:innen
Zur Kommunalwahl 2013 und 2019 trat das "Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit" (BIG) an, das Erdoğans AKP nahestehen soll. In Neckarsulm und Ebersbach verfügt es über je einen Stadtverordneten. BIG machte 2011 in seiner Wahlwerbung Stimmung gegen ein angeblich geplantes "Schulfach Schwul", und in Frankfurt/Main bildet BIG seit 2021 zusammen mit den rechtspopulistischen "Bürgern für Frankfurt" eine gemeinsame Fraktion. Bei der Kommunalwahl tritt BIG in Heilbronn und in Neckarsulm zu den Gemeinderatswahlen an.
Ebenfalls als AKP-Ableger gilt die 2024 gegründete Partei "Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch" (DAVA), von der aber bisher keine kommunalen Kandidaturen bekannt sind. Jedoch steht auf ihrer Europaliste mit Yonca Kayaoglu auch eine Stuttgarterin.
In Filderstadt wiesen Medien darauf hin, dass drei SPD-Gemeinderatskandidatinnen und -kandidaten den türkisch-faschistischen "Grauen Wölfen" angehören oder nahestehen.
Sonstige Alternativen zur AfD
Die "Freien Wähler" (FW) könnten für manche Wähler:innen als Alternative zur AfD fungieren. Die FW sind keine einheitliche Organisation, sondern ein Label. Es gibt sowohl die Bundespartei, deren Vorsitzender Hubert Aiwanger ist, als auch den von ihr unabhängigen Verein Freie Wähler in Baden-Württemberg, der als Dachverband fungiert für viele lokale Wahllisten mit sehr unterschiedlicher Ausrichtung. Während die Aiwanger-FW sich in Bayern als rechtskonservative Kulturkampf-Partei in Position brachten, sind die Freien Wähler in Baden-Württemberg eher unauffällig. Im Jahr 2020 verweigerten sie sogar zwei aus der AfD ausgetretenen Landtagsabgeordneten die Aufnahme. Für die FW im Kreis Tübingen kandidiert der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und damit jemand, der nicht nur mit Rechten reden will, sondern auch streckenweise selbst wie einer klingt.
Etwas außerhalb des üblichen politischen Spektrums bewegt sich die "Gerechtigkeitspartei – Team Todenhöfer", die mit Einzelkandidat:innen für den Kreistag in Göppingen und in Schwäbisch Hall sowie für den Gemeinderat in Karlsruhe und in Pforzheim antritt. In den letzten Jahren haben sich der Namensgeber Jürgen Todenhöfer und sein Team den Post-Corona-Protesten der Pandemie-Leugner:innen angenähert, unter anderem über gemeinsame Demonstrationen (Kontext berichtete).
Vereinzelt kandidieren in Baden-Württemberg als Einzelthemen-Listen auch Wahllisten gegen Windkraftanlagen. Etwa die Liste "Kurswechsel", die für den Gemeinderat in Starzach antritt, oder die "Unabhängige Liste Leingarten". Jenseits der eindeutig zu verortenden Parteien und Listen wird es möglicherweise auch einige rechte Überläufer:innen und U-Boote geben. Die "Initiative Gegenwind" (IGW), die für den Gemeinderat in Öhningen kandidiert, hat etwa ein AfD-Mitglied unter ihren Kandidat:innen (Kontext berichtete). Auf der "Liste Lebenswertes Tamm e.V." kandidieren mehrere Vertreter:innen der Gegner:innen der Landeserstaufnahmestelle für Geflüchtete (Kontext berichtete).
Im Schatten der AfD
Die AfD tritt zwar nicht flächendeckend in Baden-Württemberg an, ist aber bei Weitem die größte rechte Partei. Insgesamt ist das Angebot rechter und reaktionärer Alternativen in Baden-Württemberg überschaubar, kann aber lokal zu einem Problem werden. Der "Staubsauger-Effekt" der AfD im rechten Lager hält weiter an.
Mit dem "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) versucht sich eine "linkere" Alternative zur AfD in Stellung zu bringen, und die CDU-Abspaltung "Werteunion" präsentiert sich zwar als bürgerliche Alternative zur AfD, hat aber ähnliche nationalistische Positionen wie die AfD. Beide Parteineugründungen versuchen auch Strukturen in Baden-Württemberg aufzubauen, spielen aber bei den kommenden Kommunalwahlen keinerlei Rolle.
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Badener
am 08.06.2024