Im Gerichtssaal kochen die Emotionen hoch. "Wir wollen einfach nur ein normales Leben, mehr nicht!", ruft die fünffache Mutter Alinda Vrankaj. Ende April stand sie als Zeugin vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht. Die 29-jährige Kosovarin ist gelernte zahnmedizinische Fachangestellte und verfügt über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Sich als Alleinerziehende um fünf Kinder zu kümmern, lässt allerdings keinen Freiraum, nebenher noch zu arbeiten. Und weil sie Sozialleistungen bezieht, kann sie – jedenfalls nach Ansicht der Behörden – auch nicht eingebürgert werden.
Der 31-jährige Vater der Kinder, Dennis Cerimi, kämpft seit 2018 darum, mit seiner Familie zusammenleben zu können – damals wurde er das erste Mal rechtswidrig abgeschoben. Das Regierungspräsidium Stuttgart führte ihn auf einer Liste sogenannter "gefährlicher Ausländer" und erklärte ihn zu einer "Gefahr für die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit". Cerimi beteuert, er habe nie mit Drogen gehandelt oder jemanden körperlich verletzt. Angelastet wurden ihm Betrug beim Verkauf seines Gebrauchtwagens, versuchte Nötigung, weil er eine Gemeindemitarbeiterin bedroht haben soll, die seinem Vater den Lohn gepfändet hatte, und Verleumdung, da er eine Mitarbeiterin der Backnanger Stadtverwaltung auf Facebook bezichtigte, sich bei der AfD zu engagieren.
Cerimi floh 1999 während des Balkankriegs noch als Kind mit Eltern und Geschwistern aus dem Kosovo nach Deutschland, verbrachte hier den Großteil seines Lebens und nach seiner Ausweisung knapp fünf Jahre in Serbien. Dort durfte er als Roma nicht arbeiten und war nicht krankenversichert, er berichtet von struktureller Diskriminierung durch die Behörden. 2022 prüfte das Verwaltungsgericht Stuttgart den Fall und stellte fest: Cerimis Ausweisung hätte nie stattfinden dürfen, weil dabei das Recht der Kinder auf ihren Vater nicht angemessen berücksichtigt worden sei.
Konflikt mit europäischer Rechtsprechung
Nachdem eine gerichtliche Fehlentscheidung das familiäre Zusammenleben lange Zeit verhinderte, ist es nun ausgerechnet dasselbe Stuttgarter Verwaltungsgericht, das eine erneute Abschiebung Cerimis für gerechtfertigt hält – das Recht der Kinder scheint diesmal nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Entscheidend ist, dass der Vater bei seiner Wiedereinreise aus Serbien nicht über ein gültiges Visum verfügt habe und ihm somit höchstens ein Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen pro Halbjahr erlaubt gewesen wäre. Die Stadt Waiblingen, Wohnort der Familie, wollte Cerimi deshalb keinen Aufenthaltstitel erteilen. Für diesen müsse er zunächst ausreisen und ein Visum in Serbien beantragen. Als Roma war das Cerimi zu riskant, daher versuchte er, rechtlich gegen die Entscheidung der Ausländerbehörde vorzugehen.
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