"Kurz und knapp" heißt das Internetangebot der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), um die Hintergründe komplexer Themen zu erläutert, aktuell zum Völkermord an den Jesidin:innen. Es ist allen frei zugänglich, leicht fasslich. Vor allem jene Entscheider:innen, die im Juni gegen einen bundesweiten Abschiebestopp waren, hätten das besser mal gelesen und ihren Standunkt überdacht. Berlin, Niedersachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz beantragten Ende Juni in der Innenminister:innenkonferenz von Bund und Ländern, diesen Abschiebestopp. Eine Mehrheit kam nicht zustande, insbesondere wegen des Widerstands der Union.
"Am Morgen des 3. August 2014 überfielen Kämpfer der Terrororganisation ‚Islamischer Staat‘ (IS) die Sindschar-Region", schreibt die Bundeszentrale, "und in den folgenden Tagen führten die IS-Terroristen einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen die jesidische Bevölkerung durch, trennten Familien, töteten vor allem Männer und Jungen über 12 Jahren, entführten Frauen und Kinder." Mädchen ab neun Jahren seien versklavt, Jungen ab sieben Jahren in Trainingscamps zu Kämpfern für den IS ausgebildet, etwa 5.000 Menschen getötet und 7.000 verschleppt worden.
Die BpB weist zudem daraufhin, dass die UN, die EU und der Bundestag die Verbrechen als Genozid eingestuft haben. Zitiert wird aus dem Beschluss von SPD, Grünen, FDP und Union: "Der Deutsche Bundestag verneigt sich vor den Opfern der Verbrechen des IS im Irak und in Syrien." Rechtlich habe die Einstufung keinen bindenden Charakter, heißt es lakonisch. Und menschlich offenbar auch nicht: Es wird kein besonderes Augenmerk mehr auf Jesid:innen gelegt. Laut Flüchtlingsrat wird gerade aus Baden-Württemberg wieder verstärkt in den Nordirak abgeschoben.
Nur die Jesidinnen von 2015 sind abgesichert
Zhiyan Omer Ghazi, beschäftigt beim Integrationsmanagement der Stadt Pforzheim, kennt Einzelschicksale. Ende Juni sei ein junger Mann abgeschoben worden, obwohl integriert und in Arbeit. Jetzt drohe auch seiner Schwester, Deutschland wieder verlassen zu müssen. Omer Ghazi kann den Teufelskreis beschreiben, in dem sich viele Jesidi:nnen befinden, ebenso wie viele anderen Menschen, die mit der Hoffnung auf eine neue Heimat nach Deutschland gekommen sind. Mit die größte Hürde betreffe den Zugang zu Integrationskursen, sagt die Fachfrau, denn Personen ohne Aufenthaltsrecht hätten entweder keinen Anspruch auf diese Kurse oder müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um eine Genehmigung zu erhalten. "Dies erschwert ihnen erheblich die Möglichkeit, Deutsch zu lernen und sich in die Gesellschaft zu integrieren", sagt Omer Ghazi. Ein weiteres Problem stelle die Beschäftigung dar, die oft die Zustimmung der Ausländerbehörde erfordere, was aber zu lange dauere. Und dann sei der Job wieder weg.
1 Kommentar verfügbar
Zerkowski
am 11.08.2024Die Würde des Menschen muss bei Abschiebungen in Länder, in denen Krieg, Folter oder Verfolgung droht, nicht beachtet werden.
Wer stellt diese Leute im BAMF mit dieser Sachkunde ein, die, so scheint es, jegliche Humanität vermissen lassen.
Gilt auch hier die Banalität des…