"Ob sein Wunsch, dass seine Eltern ihren Lebensabend im Kreise der Familie verbringen können, in Erfüllung geht, steht in den Sternen. Auch, ob die sechs Kinder, die 17 Enkel, der Urenkel und die eigene Mutter Mire G. und Sali K. überhaupt noch einmal lebend wiedersehen."
So haben wir die Hoffnungen von Sali Krasniqis Sohn Emrach G. im ersten Artikel über die Abschiebung zusammengefasst. Nun steht fest: Die Angehörigen werden Sali Krasniqi niemals wiedersehen. Der Vater, Großvater und Urgroßvater würde noch leben, wäre er nicht am 12. Oktober 2020 frühmorgens von der Polizei abgeholt und über den Baden Airpark nach Pristina verfrachtet worden. Sali Krasniqi ist in der vergangenen Woche, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, gestorben. Er war Diabetiker, hatte drei Herzoperationen hinter sich, drei Stents gelegt bekommen. Er war auf medizinische Betreuung und die Einstellung der Medikation angewiesen. In Deutschland war er regelmäßig im Krankenhaus. Diese medizinische Versorgung war im verarmten Corona-Hotspot Kosovo nicht gewährleistet, schon gar nicht für jemanden, der nicht über Identitätspapiere verfügte. Allein sein physischer Gesundheitszustand hatte sich nach der Abschiebung massiv verschlechtert. Ganz zu schweigen von den psychischen Folgen, nach 30 Jahren Leben in Deutschland, mitten in einer Pandemie, plötzlich mittellos, getrennt von der Familie und ohne Obdach im Kosovo zu sitzen.
Hauptsache raus
Die Krankheiten von Sali Krasniqi waren dem Landratsamt Biberach, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und auch dem Regierungspräsidium Karlsruhe als oberste baden-württembergische Abschiebebehörde bekannt. Und trotzdem wollte die Ärztin, die am Tag der Abschiebung kam, ihm nicht helfen, sondern lediglich seine Flugfähigkeit attestieren. Anschließend lautete das Motto ganz offenbar, wie üblich bei Abschiebungen, "aus den Augen, aus dem Sinn". "Das zeigt für mich eine totale Gleichgültig gegenüber Menschen in anderen Ländern, dass man sagt, Hauptsache raus und was dann mit den Leuten passiert, ist nicht mehr unser Problem." So hatte Seán McGinley, Geschäftsführer des baden-württembergischen Flüchtlingsrats, die Abschiebung in der Corona-Pandemie schon vor der traurigen Todesnachricht kommentiert.
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Hermann Krupp
am 08.04.2021