Wildwuchs ist rar geworden, die Pflanzenwelt wächst heutzutage nur noch unter Aufsicht. In Tübingen aber lässt sich noch ein kleines Stück unberührter Natur bestaunen: Ganz nahe am Neckar, in der Gartenstraße 7, rankt Efeu um rostige Geländer, wildes Wurzelwerk sprengt ein paar steinerne Treppenstufen und von Menschenhand unbehelligt sprießen Büsche, Bäume und Sträucher meterhoch in die Luft, bilden ein dichtes Dickicht. "Jetzt liegt es an uns, den Dschungel zurückzuschlagen", grinst ein zauseliger Blondschopf, der Kolibri genannt werden möchte. Er gehört zum Kollektiv der "Gartensia", die das verwilderte Grundstück im Herzen der Stadt seit gut einem Monat besetzt hat und den dazugehörigen menschenleeren Wohnraum wieder einer praktischen Funktion zuführen will.
Seitdem ist ein schmaler Pfad, der sich durch den Garten schlängelt, wieder begehbar. Kurvenreich führt er vom heruntergekommenen Hauptgebäude mit der bröckeligen Fassade über eine Terrasse, aus deren Fugen so viel Kraut wuchert, dass sie erst einmal wiederentdeckt werden musste. Und schließlich landen abenteuerlustige Garten-Expediteure bei einer schnuckeligen, kleinen Holzhütte, wo "wir schon viele schöne Abende verbracht und den Mond angeheult haben", wie Kolibri erzählt. Ihm und seinen Gleichgesinnten sei es "ein Herzensanliegen", etwas aus dem brachliegenden Potenzial der Gartenstraße 7 zu machen – die steht schon so lange leer, dass niemand mehr so genau weiß, wie lange sie eigentlich schon leer steht.
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Friedrich Helmke
am 30.08.2019