Aber ein bisschen mehr Kohle in der Kasse kann ja nicht schaden. Das Angebot der Besetzer war für die Eigentümer offenbar nicht ausreichend: 650 und 700 Euro Kaltmiete wollten sie für die zwei Wohnungen zahlen. Das sei "für Stuttgarter Verhältnisse einigermaßen human, aber gleichzeitig an der Obergrenze des für uns Leistbaren", berichtet Besetzerin Adriana. Der 25-jährigen Mutter ging es nie darum, sich etwas zu erschnorren. Sondern darum, einen Lebensraum zu finden, der ihrem einjährigen Kind gerecht wird. Schon in der Schwangerschaft habe sie mit der Suche nach einer geeigneten Wohnung angefangen. Bis heute ohne Erfolg.
In den "Stuttgarter Nachrichten" darf <link https: www.stuttgarter-nachrichten.de inhalt.stuttgart-heslach-besetzte-wohnungen-werden-geraeumt.8c680a40-cf66-455d-bb9c-714afb3a2520.html external-link-new-window>der Anwalt der Eigentümer nun behaupten, man habe sich "bis gestern Abend (27. Mai, d. Red.) um eine Lösung ohne Gerichtsvollzieher mit kirchlichen Vertretern und Stadträten bemüht". Ob ein ernstes Interesse an einer gütlichen Einigung jemals vorhanden war, darf allerdings bezweifelt werden. Tatsache wurde den BesetzerInnen auf dem Papier zugesprochen, bis zum vergangenen Sonntag, 18 Uhr, ein Angebot zu unterbreiten. Dem kamen die BesetzerInnen fristgerecht nach. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Eigentümer allerdings schon längst einen Eilantrag auf Zwangsräumung gestellt und vom Verwaltungsgericht Stuttgart genehmigt bekommen.
15 Stunden später rückten also Polizeikräfte und nagelten in einem symbolträchtigen Akt die Wohnungstüren mit Holzbrettern zu. "Wie das mit dem Angebot zusammenpasst, ist uns schleierhaft", kommentiert Besetzerin Rosevita, die nun zusammen mit ihrem neunjährigen Sohn in einem kleinen Zimmer bei ihrer Schwester unterkommt. <link https: www.kontextwochenzeitung.de politik diese-wohnung-ist-besetzt-5066.html internal-link-new-window>Wie bereits in den vergangenen Monaten werden die beiden Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße nun leer stehen, und, wie die verbleibenden Bewohner in der Nachbarschaft berichten, erst einmal aufwändig modernisiert.
Eine Modernisierung wäre nicht nötig – steigert aber den Wert
Nötig wäre das nicht unbedingt, denn die Wohnungen mit kratzerfreiem Parkettboden befinden sich nachgewiesenermaßen in einem bewohnbaren Zustand. Doch sind umfangreiche Renovierungsarbeiten eine Möglichkeit, die Mieten noch dreister zu hochzuschrauben, als es das Gesetz ohnehin schon zulässt. Das Zauberwort heißt Modernisierungsumlage: Bis zu elf Prozent der Kosten dürfen pro Jahr auf die Miete abgewälzt werden. Wenn die Modernisierung beispielsweise 10 000 Euro kostet, steigt die monatliche Kaltmiete um 92 Euro. Im neunten Jahr hat der Mieter die Wertsteigerung schließlich vollumfänglich selbst finanziert, zum Dank dafür darf er dauerhaft höhere Miete zahlen. Einen Anspruch darauf, mitzubestimmen, wie die Modernisierung aussehen soll, hat er nicht und er wird auch nicht gefragt, ob er sie überhaupt will. Es gibt keine Obergrenze, wie viel die Investition in die Zukunft insgesamt kosten darf, und so kommt es, dass man in Stuttgart nach einer solchen Maßnahmen schon mal 300 bis 400 Euro mehr pro Monat blechen muss.
3 Kommentare verfügbar
Markus Mezger
am 31.05.2018…