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Die Schickeria von Biarritz

Die Schickeria von Biarritz
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Als wir vor exakt 30 Jahren für eine D-Mark (Ost) die DDR kauften – Sie erinnern sich ans Wendejahr? –, da konnte nicht einmal meine Omi Glimbzsch in Zittau ahnen, was alles noch auf uns zu kommt. Und bis zum 1. September 2019 ist kein Ende abzusehen. Eine schlimme Welt.

Um eine noch schlimmere zu verhindern, demonstrierten am vergangenen Wochenende in Dresden die friedlichen Revolutionsmacher mit den Revolutionären, die Gegner von Abschiebungen mit den Abschiebern, die Käufer mit den Gekauften. Zeitgleich sperrten Macrons berittene Rotgardisten der Schickeria von Biarritz tagelang ihren freien Zugang zum Sandstrand. Das gab's letztmals 2007 beim G8 in Heiligendamm (West). Und die Waldbrände weiter drüben? Die Soko Tierschutz ist fassungslos. Mit einer Träne im Knopfloch will Anne Will einem zurückgebliebenen Publikum erklären, wie schlimm das alles ist mit dem Feuermachern am Amazonas, jajaja! Und, aufgepasst auf die öffentlich-rechtlichen News: dass dort faktisch die Lunge der Erde brennt. Echt jetzt!

Auf die prekäre Lage von Mensch und Natur in Amazonien und drumrum hat übrigens schon vor 25 Jahren Poema hingewiesen, auf den Terror der Reichen gegen die Armen, Kapitalismus gewissermaßen in seiner reinsten Form. Und dass nicht zusammenwächst, was nicht zusammengehört: Regenwald-Rodung und Selbstbestimmung für die indigenen Völker. Trinkwasser, Gesundheit, Bildung, alternative Energien, Wiederaufforstung, anders leben – das versuchen die Umweltaktivisten seit anno Tobak Anne Will und der medialen und politischen Kundschaft nahezubringen, mit dem Hilfsargument: Das Poema-Programm Armut und Umwelt in Amazonien wurde gemeinsam mit Indios entwickelt!

Das ist die Crux: Die Infos zur beschissenen Lage der Welt sind da, nicht erst seit gestern, aber sie werden nur widerwillig zur Kenntnis genommen, mehr unterdrückt als publiziert. Wir haben ja unsere Ikonen. Rindviecher, Reisefreiheit, Rendite. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Unsere Ikone Greta kann alleine weder die Feuer löschen noch das Klima retten – das musste selbst die taz zugeben und macht sich Gedanken, wie das Kind wieder nach Haus kommt. Man ist überrascht: Auf der Verliererbank herrscht Eifersucht. Da hat man's doch jahrzehntelang nur gut gemeint: Stalin, Gulag, DDR, Mao, KBW, Lula, Volkssolidarität. Marx hat sich mehrfach im Grabe rumgedreht. Jetzt liegt er stille und hört zu: Poema, Greta, Rezo, Extinction Rebellion. Steckt da mehr dahinter?, fragt er sich.


Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.  Alle Wettern-Videos gibt es hier zum Nachgucken.


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