Die Nummer eins aber, sagt der OB, sei man beim Feiern. Wechselweise tritt der Festlesheimer als Napoleon, Robin Hood, Gänsehirt oder Mönch auf, erfreut das Publikum mit Freibier, und einer Bühne im Fluss – auf der ein Auto steht. Und diese Blechkiste im Wasser ist wie der ganze Mann: voll rückwärts. So einer findet auch Gendersterne "hysterisch korrekt".
Was erwartet nun die CDU von ihrem neuen Hoffnungsträger? Zunächst einmal soll er der lebende Beweis sein, dass nicht von Dauer ist, was man selbst für ewig angesehen hat: die Herrschaft im Stuttgarter Rathaus und darüber hinaus. Das war so schwer nicht, nachdem der grüne Amtsinhaber Fritz Kuhn immer mehr die Flügel hängen ließ, vor allem aber nach der spektakulären Selbstzerlegung des Lagers, das als "öko-sozial" bezeichnet, nicht erläutert wird, was etwa an der SPD "öko" ist.
Kurzer Exkurs in repräsentativer Demokratie: Nopper reichten, weniger denn je, 42,3 Prozent der Stimmen, genau 83.812 Kreuzchen von insgesamt 198.901 Personen, die gewählt haben. 246.676 haben es vorgezogen, von ihrem Recht keinen Gebrauch zu machen. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 44,6 Prozent, will sagen, mehr als der Hälfte der StuttgarterInnen war es offensichtlich schnurz, wer ihr Oberbürgermeister wird. Deren Motivlage gründlich zu erforschen, wäre jetzt eine echte Aufgabe für den Kommunikationstheoretiker Frank Brettschneider ("Der Wahlsieger traf auf glückliche Umstände") von der Universität Hohenheim. Mit besten Empfehlungen an die Politik.
Der Mann mag Gaisburger Marsch
Aber bleiben wir bei denen, die den Gang zur Urne beziehungsweise zum Briefkasten nicht gescheut und für Nopper votiert haben. Was erwarten sie von ihm? Die OB-Erfahrung, die er wie eine Monstranz vor sich herträgt? Angesichts seines Wirkungsgrads in Backnang scheint das eine relative Größe zu sein, zumindest eine, die einem Faktencheck nicht stand hielte. Die Lebenserfahrung? Schon nachvollziehbarer, weil Nopper 59 ist, wesentlich älter als sein Konkurrent Marian Schreier (30), deutlich älter als Hannes Rockenbauch mit 40. Außerdem hat er eine Banklehre absolviert, in Jura promoviert, war Abteilungsleiter bei der Stuttgarter Messe sowie Geschäftsführer bei der Schreinerinnung Baden-Württemberg. Der Mann kann Billy, sein Lieblingsessen ist Gaisburger Marsch.
Darüber hinaus ist Nopper für Stabilität, Sicherheit und Sauberkeit. In Corona-Zeiten ist das für viele noch wichtiger als sonst, weshalb die Annahme der Demoskopen, die Menschen suchten Halt bei den Konservativen, wenn Unordnung droht, so verkehrt nicht scheint. Auch wenn das nicht weiter hilft, bei Wohlstand und Jahreswagen. Im Land von Daimler, Porsche und Einspritzer Bosch stehen die Zeichen auf Sturm, Arbeitsplätze sind in Gefahr; um so schwieriger ist es, weniger Klimakiller zu fordern, wie das einmal Winfried Kretschmann getan – und ganz rasch klein beigegeben hat. Da steht eine ganz breite Front der Parteien und Medien bis zu den Gewerkschaften. Und jetzt eben auch noch Nopper mit seinem Rollback-Block.
Wer hier nicht mittanzt, gar Zweifel anmeldet, womöglich im Sinne der Fridays for Future ("How dare you"), die fragen, wie wir es wagen können, den Jungen die Zukunft zu stehlen, der ist ein linksradikaler Extremist, Polarisierer, Eiferer und kein Oberbürgermeister für alle. Wählbar ist das Auto in der Murr.
17 Kommentare verfügbar
Peter Pan
am 07.12.2020"An ihren Taten sollt ihr…