Schreiben wollte ich schon immer. Die Wahrheit zu sagen, liegt mir ebenfalls. Das meine ich ohne Wertung, ganz neutral. Ob eine Ampel rot ist oder nicht, dafür braucht man erst einmal keine eigene Meinung. Im Journalismus ist das ähnlich. Er soll aufklären, informieren und vor allen Dingen zur Meinungsbildung beitragen. Dabei bedient er sich an Fakten. Das vorneweg. Die Bedeutung von Politik, der Gesellschaft, aber auch der Wirtschaft wurden mir stets mit auf den Weg gegeben, und es interessiert mich. Es ist wichtig.
Meine journalistische Laufbahn beginnt, wie vermutlich beim Großteil des Nachwuchses, in einer Lokalredaktion. Bei der "Nord-Rundschau" in Stuttgart arbeite ich nach meiner Fachhochschulreife ein knappes Jahr lang. Treffe Menschen, stöbere Geschichten auf, wo ich oftmals keine vermutet hatte. Es gibt so viel zu erzählen und noch viel mehr zu entdecken. Dennoch schleichen sich die ersten Zweifel an meiner angehenden Berufswahl ein. Ich treffe freie Schreiberinnen und Schreiber, die schwer oder gar nicht von ihrem Geld leben können, kaum bei ihrer Familie sind, weil sie jede Zeile, jedes Bild für ihren Kontostand brauchen. Texte werden Teil einer Kostenlos-Kultur, der Absatz der Zeitungen sinkt stetig. Dennoch und gerade deswegen entscheide ich mich ganz bewusst für ein journalistisches Studium. Ich finde, Journalismus muss für die Gesellschaft wieder attraktiver werden.
Feilschen um jeden Cent
Nach zwei Semestern Grundstudium heißt es dann: eine Entscheidung treffen. Journalismus oder PR? Wahrheit oder Werbung? Oder wie mein Dozent sagen würde: "Stellen sie sich eine Pressekonferenz vor. Der Journalist sitzt auf der einen Seite und will wissen, was wirklich passiert ist. Der Pressesprecher sitzt auf der anderen Seite, und er beantwortet die Frage so, wie er sie vorbereitet hat." Zwei Welten, die sich nicht nur hinsichtlich Haltung und Anspruch auf Wahrhaftigkeit unterscheiden. Auch was den Verdienst angeht, liegen PR und Journalismus Galaxien auseinander.
Das Studium finanziere ich aus eigener Tasche. Damit das auch funktioniert, beginne ich in einer PR-Agentur zu arbeiten. Da ich den Journalismus aber nicht aufgeben will, bin ich nebenher nun in der Redaktion der "Cannstatter Zeitung" (CZ) tätig. Was nach der Schule noch ein willkommener Zusatzverdienst war, als Dinge wie Miete und Lebensmittel noch nicht in meiner Zuständigkeit lagen, wird nach meinem Auszug und während meinem Studium ein hartes Brot. Ich quäle mich durch Honorargespräche, in denen mir Angebote von 20 Cent die Zeile und zehn Euro pro Bild gemacht werden. Ich besuche Termine, führe Interviews, ich schreibe den Text. Für nicht einmal 25 Euro. Brutto. Nach dem Feilschen um Cent-Beträge schaffte ich es auf sagenhafte 40 Cent pro Zeile.
Mehr Stoff, weniger Qualität
Das einzige Mantra: mehr Zeilen und mehr Bilder. Getreu dem Motto Quantität vor Qualität. Das wird gefordert, und im Anschluss daran wird sich gewundert, warum es der Branche immer schlechter geht. Schleichend geht mir nun auch der Spaß daran verloren. Ich recherchiere nicht mehr so gut, die Interviews werden kürzer. Mein Anspruch ist eigentlich ein anderer. Meiner Meinung nach sollte Qualität eine Möglichkeit der Rettung sein. Ein Chefredakteur sagt zu mir, der eigene Anspruch sei zwar lobenswert, aber nicht vonnöten. Kurz war er – der Traum, einmal Journalistin zu sein. Die Realität gleicht einem harten Schlag ins Gesicht. Die Missstände, die mir in dieser Zeit begegnet sind, lassen das Herz bluten: Überschriften kopieren, teilweise ganze Textpassagen abkupfern oder das "Überlesen von Rechtschreibfehlern" sind keine Seltenheit.
7 Kommentare verfügbar
Philipp D.
am 11.04.2019Diese Passage im Text ist mir nicht ganz klar geworden. Hat der Redakteur/Redaktionsleiter der Autorin lautstark die Zusammenarbeit…