Eckart Seith, 62, smarter Typ, sitzt in seinem Besprechungszimmer bei Seith Miller Steinlein in Stuttgart, schwarze Möbel, mit abstrakten Ölgemälden in blau-beige an der Wand. In Sicherheit, sozusagen. Vor drei Wochen stand der Wirtschaftsanwalt in Zürich vor Gericht. Geheimnisverrat und Wirtschaftsspionage für Deutschland wurden ihm vorgeworfen, weil er 2013 interne Dokumente der Schweizer Privatbank Sarasin an deutsche Behörden weitergegeben hat. Damit lieferte er das Puzzlestück, mit dem das Steuerkonstrukt um die Cum-Ex-Deals in seinem ganzen Ausmaß verfolgt werden konnte.
Die Kölner Staatsanwaltschaft hat mittlerweile 50 Ermittlungskomplexe gegen 200 Beschuldigte eingeleitet. Zwei werden im Sommer vor Gericht stehen. Sie können auf milde Urteile hoffen, weil sie umfangreich ausgesagt haben. Für Seith lautete der Antrag der Staatsanwaltschaft Zürich auf drei Jahre und sechs Monate Haft. Am Donnerstag, 11. April, wurde nun das Urteil verkündet.
Zu groß. Zu viel. Zu unglaublich.
Der Cum-Ex-Skandal ist bester Stoff für eine Krimiserie à la Bad Banks. Es geht um Banker, Banken, Steueranwälte, die durch komplizierte Berechnungen schwarze Löcher im europäischen Steuersystem auftun, um horrende Geldbeträge daraus abzuschöpfen. 55 Milliarden hat die Staaten Europas die Steuertrickserei um die mehrfache Ausbezahlung der Kapitalertragssteuer gekostet. 36 davon in Deutschland, ein Skandal, der so finster und hintertrieben ist, dass er es bis heute nicht geschafft hat, ins Empörungspotenzial der Leute einzusickern. Zu groß. Zu viel. Zu unglaublich.
1 Kommentar verfügbar
Peter Meisel
am 10.04.2019Darauf bin ich gespannt: "Die Kölner Staatsanwaltschaft hat mittlerweile 50 Ermittlungskomplexe gegen 200 Beschuldigte eingeleitet." Ich erwarte, daß wir einige davon kennen?