Als Oberbürgermeister Mentrup vorab von der Teilnahme der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) bei Gröners Besuch in der Majolika erfährt, warnt er ihn. Er solle gegenüber der Presse berücksichtigen, "dass diese weiter an der Geschichte strickt, dass Sie die Stadt mit öffentlich gemachten Äußerungen unter Druck setzen (wollen)", so Mentrup in einer E-Mail. Gröner beschwichtigt, vom Termin würde es nichts "Spektakuläres zu berichten geben" und er denke, "dass die BNN dabei ist sollte uns nicht beunruhigen". Die Teilnahme von Kontext wehrt Gröner hingegen ab, sagt, das Zeitfenster seines Besuchs stehe noch nicht fest. Das von der Stadt für die Abgabe der Immobilie verlangte Konzept bleibt er derweil ebenso schuldig wie Nebenkostenzahlungen in Höhe von 40.000 Euro seit seiner Übernahme. Er gehe davon aus, dass die Stadt ihm den offenen Mietzins stunde oder zumindest einer Ratenzahlung zustimme, schreibt Gröner am 14. März 2023 an die Finanzbürgermeisterin.
Juli 2023: Gröner kommt erneut nach Karlsruhe, um seine Pläne mit der Finanzbürgermeisterin und dem Kulturbürgermeister zu besprechen. Er brauche dringend Klarheit, ob und wann er auch die Majolika-Immobilie übernehmen könne. Bislang sei die Manufaktur ein Zuschussbetrieb. Um auf dem Gelände eigene Mittel erwirtschaften zu können, plane er dort unter anderem mit folgenden Einrichtungen: Kunsthandwerk, Künstler-Café, Kaffeerösterei, Radreparaturen, Schuhmacher, Lebensmittelveredelung, Betriebswohnungen und Boardinghouse. Das Stadtplanungsamt informiert Gröner über die Herausforderungen des Geländes, die sich vor allem aus dem umliegenden Naturschutzgebiet ergeben. Die Finanzbürgermeisterin bittet Gröner dringend darum, die Frage der offenen Mietzahlungen zu klären. Zudem solle er einen Wirtschaftsplan vorlegen, in dem die Majolika Manufaktur als "echter Betrieb, in dem tatsächlich produziert wird" berücksichtigt ist. Dies geht aus dem Protokoll eines Treffens Gröners mit zwei Karlsruher Bürgermeister:innen hervor.
September 2023: Zur Sitzung des gemeinderätlichen Majolika-Begleitgremiums kommt Gröner wieder nach Karlsruhe. Einen geforderten Wirtschaftsplan hat er nicht dabei, dafür setzte er der Stadt ein Ultimatum. Binnen 18 Monaten wolle er die Immobilie übernehmen, sonst müsse er die Manufaktur abwickeln, sagte Gröner den Gemeinderäten. Die Majolika-Manufaktur warb wenige Wochen zuvor auf ihrer Internetseite noch mit Osterdekorationen und halbierte ihre Öffnungszeiten.
Februar/März 2024: Nachdem Gröner auch ein Konzept mit Wirtschaftsplan vorlegt, werden die Verhandlungen zwischen Gröner und der Stadt während des Winters konkreter. Die Pläne von Gröner stoßen jedoch bei Parkplätzen und mit dem angrenzenden Naturschutzgebiet an Grenzen. Das Stadtplanungsamt bringt ein Parkhaus ins Spiel, doch auch dafür gibt es keinen Platz. Zur Fortführung der Verhandlungen will sich OB Mentrup bei den Gemeinderatsfraktionen versichern, ob sie überhaupt bereit seien, die Majolika-Immobilie noch an Gröner abzugeben. Eine Mehrheit des Gemeinderats lehnt das ab. Zu groß ist mittlerweile das Misstrauen.
April/Mai 2024: Ende April teilt Gröner der Stadtverwaltung mit, dass er den Geschäftsbetrieb der Majolika einstellen werde. Unter den gegebenen Umständen sei er nicht bereit, weiter Mittel für den Fortbestand der Produktion bereitzustellen, begründete der Investor den Schritt. Pro Monat müsse er bis zu 40.000 Euro für den Betrieb der Majolika zuschießen. Schon Ende Mai solle die Manufaktur daher geschlossen werden. Die Karlsruher Stadtspitze sucht daraufhin wieder das Gespräch mit Gröner. Dabei droht Gröner Klage gegen die Stadt zu erheben. Sie habe ihn "glauben gemacht", dass er die Majolika-Immobilie übernehmen könne, so das Protokoll eines internen Treffens.
Parallel sucht die Stadtverwaltung nach "führenden Keramikunternehmen" des Landes, hofft, dort Interessenten für die Übernahme der Manufaktur zu finden. Dem Kulturbürgermeister Käuflein wird über einen Mittelsmann ein an der Majolika interessierter Investor aus Frankfurt vorgeschlagen, den er an Gröner vermittelt. Die ausstehenden Nebenkostenzahlungen bleibt Gröner bis dato ebenso schuldig wie die fällige Vergütung an die früheren Majolika-Aufsichtsräte. Innerhalb des städtischen Tochterunternehmens KVVH wird eine Räumungsklage gegen Gröner diskutiert. Rechtlich sei eine Kündigung und Klage möglich, da Gröner die Mietzahlungen eingestellt hat.
Oktober 2024: Die KVVH kündigt Gröner den Mietvertrag wegen ausstehender Zahlungen in Höhe von 70.000 Euro. Die nicht geleisteten Nebenkosten sind dabei nicht eingerechnet. Gröner wehrt sich. Der "vorgefundene Mietvertrag" sei "in vielerlei Hinsicht untragbar", die Forderungen daher zum Teil unrechtmäßig, schreibt sein Anwalt. Gröner sieht sich derweil einer neuen Welle von Insolvenzanträgen gegen Teile seines Konzerns gegenüber. In der finanziellen Lage ist Gröner auch über jeden Euro froh, den der laufende Räumungsverkauf in der Majolika einbringt.
Dezember 2024: Während zwei Gütetermine um die Mietstreitigkeiten vor dem Landgericht Karlsruhe verschoben werden, kommt es für Gröner im Dezember knüppeldick. Die Polizei rückt gleich dreimal mit einer Razzia auf seine Firmengelände in Berlin und Leipzig vor. Hintergrund sind der Verdacht auf Insolvenzverschleppung und auf Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Am Tag nach der ersten Razzia erreicht ein Gläubiger auch noch ein Privatinsolvenz-Verfahren gegen Gröner. Nach einer Millionenzahlung hat das Amtsgericht Leipzig dieses Verfahren am vergangenen Freitag wieder aufgehoben. Nicht abgewendet ist bislang allerdings das Insolvenzverfahren gegen die Firma Gröner Group. Während der Immobilieninvestor mit der Pleite kämpft, ist für Januar ein dritter Anlauf für den Gütetermin in Sachen Majolika-Miete angesetzt. Mit einer schnellen Entscheidung ist nicht zu rechnen.
3 Kommentare verfügbar
Gerald Wissler
vor 3 WochenDie Landesbank hat bestimmt nicht für einen symbolischen Preis verkauft, damit die Stadt 49.999 Euro Spekulationsgewinn machen kann.