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Majolika und Wohnungsbau

Kein Fortschritt bei Gröner-Projekten

Majolika und Wohnungsbau: Kein Fortschritt bei Gröner-Projekten
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Zum Erwerb eines traditionsreichen Grundstücks in Karlsruhe ist der Immobilienunternehmer Christoph Gröner in das Keramik-Geschäft eingestiegen. Eine schnelle Übernahme des Majolika-Areals ist aber nicht in Sicht. Auch bei seinem größten Wohnungsbauprojekt in der Stadt wächst der Argwohn.

Christoph Gröner wollte sich nicht "antreiben lassen". Als die früheren Aufsichtsräte der Majolika Keramik-Manufaktur Ende vergangenen Jahres forderten, ihre Tätigkeit im Jahr 2022 mit jeweils 2.000 Euro zu vergüten, wurde er deutlich. "Von uns können Sie keine Finanzierung derartiger Zahlungen erwarten", schreibt er in einer E-Mail, die der Kontext:Wochenzeitung vorliegt. Im Sommer 2022 habe er die Majolika Manufaktur in einem "desolaten Zustand" übernommen und müsse pro Monat 30.000 bis 40.000 Euro draufzahlen. Ein Ende des Minusgeschäfts sei nur über Mieteinnahmen aus der Übernahme der zugehörigen Immobilie möglich, betont der Immobilienunternehmer immer wieder. Noch ist das Grundstück im Eigentum des städtischen Tochterunternehmens KVVH. Im vergangenen Jahr stellte Gröner der Stadtverwaltung ein Ultimatum: Bis Ende 2023 wollte er sich den Zugriff auf das Majolika-Gelände gesichert haben.

Doch auch in der städtischen Verwaltung wollen sich nicht alle antreiben lassen. "Die Stadt Karlsruhe äußert sich nicht bzw. reagiert nicht auf unsere Bitte ein entsprechendes Verfahren zur Übernahme des Grundstücks einzuleiten", klagte Gröner Ende Dezember. In den letzten Wochen laufen Verhandlungen zur Übernahme des Majolika-Geländes in Erbpacht durch das Family Office von Christoph Gröner, bestätigen beide Seiten. Ein erstes Ergebnis soll nach Wunsch Gröners schon kommenden Monat stehen. "Wir gehen davon aus, dass wir bis zum April 2024 Klarheit darüber erlangen werden, ob die Stadt Karlsruhe mit uns die Realisierung des Projektes anstrebt", erklärt die Pressesprecherin der Gröner Group auf Anfrage. Bis dahin gibt es aber noch einiges zu klären.

Tauziehen um den Preis

Das fängt beim Preis an. In seinem Wirtschaftsplan, der dem Gemeinderat vorgelegt wurde, geht Gröner von 2,1 Millionen Euro aus, die der Erwerb des Majolika-Gebäudes und des zugehörigen Grundstücks in Erbpacht kosten soll. Ein bei Erbpacht üblicherweise genutzter jährlicher Pachtzins ist in seinen Planungen nicht vorgesehen. Um den Wert des Majolika-Geländes zu ermitteln, hat die KVVH allerdings kürzlich ein neues Verkehrswertgutachten erstellen lassen. Auf einen Wert von mehr als vier Millionen Euro wird darin allein die Immobilie selbst geschätzt. Die großen Investitionen der KVVH in den vergangenen Jahren haben den Wert der Majolika deutlich erhöht. Zudem soll auch das Grundstück einen Millionenwert haben.

Eine zusätzliche Wertsteigerung verspricht sich die städtische Gesellschaft von Mieterhöhungen. Derzeit laufen mit zwei Mieter:innen der Majolika Verhandlungen über Vertragsverlängerungen mit deutlichen Mieterhöhungen, bestätigt die Stadtverwaltung auf Nachfrage. Die höheren Mieten sollen demnach auch zu einem höheren Preis der Majolika führen. Schon jetzt liefen neue Mietvereinbarungen über Gröners Schreibtisch, erklärt die Stadtverwaltung. "Mit Blick auf den angestrebten Erwerb durch Herrn Gröner ist vorgesehen, ihn über die beabsichtigten Vertragskonditionen vor Abschluss zu informieren."

Doch einer der größten Mieter:innen droht nicht nur wegen der angekündigten Mieterhöhung abzuspringen. Die Pädagogische Hochschule nutzt derzeit knapp 600 Quadratmeter auf dem Majolika-Gelände. Die Flächen seien aber nur eine Interimslösung während des Umbaus des eigenen Gebäudes, teilt das zuständige Amt Vermögen und Bau Baden-Württemberg mit. Mit dem Ende der Sanierung würden die Ateliers in der Majolika Ende des Jahres voraussichtlich nicht mehr notwendig sein.

Abbruch der Verhandlungen?

Ein anderes Problem für Gröners Pläne ist die einzigartige Lage der Majolika im Wald und am Rande eines Natur- und Artenschutzgebietes. Die einzige Zufahrt ist zu schmal für einen parallelen Verkehr mit LKWs. In eine Richtung sind nach den Berechnungen des Stadtplanungsamts nur knapp über 700 PKWs pro Tag möglich. Auch die Parksituation bereitet Schwierigkeiten. Für die von Gröner angestrebten Appartements, Büros sowie Räume für Kurse und Firmenevents fehlen zwischen 127 und 201 Stellplätze, führt das Stadtplanungsamt in einer internen Präsentation aus. Das Amt präsentiert darin ein zusätzliches Parkhaus und eine Freifläche auf dem angrenzenden Gelände der Stadtwerke als Alternative. Jedoch seien die Flächen dazu teilweise noch belegt. Auf Nachfrage bestätigt die Verwaltung: "Die Stadt identifizierte eine Anzahl von 151 Stellplätzen als Minimalanforderung, folgt man den Plänen von Herrn Gröner. Hier zeigt sich noch ein deutliches Defizit, das beim zu erstellenden Verkehrskonzept zu berücksichtigen ist."

Bei all den Unwägbarkeiten und unterschiedlichen Auffassungen scheint klar, dass eine Übernahme des Majolika-Geländes sehr viel länger dauern dürfte, als sich Gröner das wünscht. Mindestens zwei Jahre würden bis zu einer Planung der Umsetzung noch vergehen, wird innerhalb der Stadtverwaltung geschätzt. Bei all den offenen Fragen stellte der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) den Gemeinderatsfraktionen jüngst die Grundsatzfrage, ob sie denn überhaupt bereit seien, das Majolika-Gelände in Erbpacht an Gröner abzugeben. Schon jetzt haben einige Fraktionen signalisiert, das Gelände nicht an den Immobilieninvestor abgeben zu wollen und es zeichnet sich eine knappe Entscheidung ab, ob die Verhandlungen mit Gröner fortgeführt werden.

Krise am Immobilienmarkt trifft Gröner Group

Kaum Fortschritte gibt es auch beim größten Bauprojekt der Gröner Group in Karlsruhe. Auf dem C-Areal in der Nordstadt sollen eigentlich schon in drei Jahren 1.000 neue Wohnungen entstehen, doch aktuell sind die Verlegungen neuer Leitungen seitens der Stadt weiter die einzig sichtbaren Bauarbeiten. Schon im Dezember berichte Kontext über nicht nur in Karlsruhe stillstehende Bauprojekte und mögliche finanzielle Probleme der Gröner Group. Kurz darauf teilte das zuständige Tochterunternehmen der CG-Gruppe mit, dass die Bauaktivitäten auf dem C-Areal "ab sofort fortgesetzt werden".

Davon aber ist wenig zu sehen. Auf die Diskrepanz angesprochen, teilt die Pressestelle nun mit: "Ohne Verkauf und ohne Vermarktung gibt es keine Bauaktivitäten." Durch die steigenden Zinsen scheuten sowohl institutionelle wie private Anleger in den vergangenen Monaten Investitionen in Immobilien. "Der Verkauf an institutionelle Anleger ist in den letzten zwei Jahren nahezu auf 'null' zurückgegangen", sagt die Pressesprecherin der Gröner Group. Auch Eigennutzer:innen und Kapitalanleger:innen hätten die hohen Bauzinsen bei Darlehen abgeschreckt. Doch erst wenn 40 Prozent der zu bauenden Wohnungen vorverkauft seien, geben die Banken die nötigen Kredite an die Gröner Group frei. Zwar hätten sich für einzelne Baufelder Interessierte für bis zu mehr als 50 Prozent der zu bauenden Wohnungen gefunden. "Allerdings sind wir aufgrund der vorherrschenden Umstände nicht immer in der Lage, die Interessenten mit Kaufverträgen an das Projekt zu binden", so die Sprecherin. Sie hoffe auf die angekündigten Steuererleichterungen und Zinssenkungen.

Weiter keine Bauaktivität

Neben der schleppenden Nachfrage und der fehlenden Kreditfreigabe durch die Banken macht die Gröner Group auch eine rechtliche Auseinandersetzung und Verzögerungen in den Baurechtsverfahren geltend. Das Umlegungsverfahren, in dem das Areal in einzelne, in das Grundbuch eingetragene Grundstücke aufgeteilt wird, habe sich mehr als ein Jahr verzögert. "Ganz formal heißt das, wir verfügen über kein verkaufsfähiges Produkt, bis die Grundbücher angelegt sind", sagt die Gröner-Sprecherin. Bis die Grundstücke verkauft werden könnten, könnten noch sechs Monate vergehen. Zudem hat ein auf dem C-Areal ansässiger Sportverein wegen möglicher formaler Fehler in dem vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Dadurch bestehe "bis heute kein Baurecht als Voraussetzung für jedwede Bauaktivität", sagt die Gröner-Sprecherin. Dem widerspricht die Stadtverwaltung auf Nachfrage. Das Normenkontrollverfahren habe "auf den Vollzug des Bebauungsplans aktuell keine Auswirkungen". Baugenehmigungen könnten trotzdem erteilt werden.

Die ausbleibenden Bauaktivitäten der Gröner Group nicht nur auf dem C-Areal beschäftigen mittlerweile auch den SWR und die Politik. Die Linksfraktion im Gemeinderat stellte jüngst vor dem Hintergrund der Benko-Pleite einen umfangreichen Fragenkatalog an die Stadtverwaltung, ob die "Stadt Karlsruhe auf die stockende Bautätigkeit bis hin zu Insolvenzen von Immobilienentwicklern vorbereitet" sei. Auf die Fragen, die sich auch auf die Kontext-Berichterstattung bezogen, wollte der Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) öffentlich nicht eingehen und verschob die Beantwortung in den nicht-öffentlichen Teil, da sie Geschäfts- und Steuergeheimnisse der Gröner Group betreffen würden. Für die Linksfraktion ist das nicht nachvollziehbar. Sie stellte weitere Nachfragen und besteht auf deren öffentliche Beantwortung im Gemeinderat. Zudem stellte sie eine zusätzliche Anfrage, in der das Handeln der städtischen Dezernatsleitungen bei vier Bauprojekten der Gröner Group in Karlsruhe hinterfragt wird. "Wir fragen damit auch, ob die jeweiligen Bürgermeister:innen das gesamtstädtische Interesse dabei gut im Auge haben", heißt es von der Linksfraktion.

Auf die Beantwortung muss die Öffentlichkeit ebenso warten wie auf Wohnungen auf dem C-Areal. Wenn die Bauarbeiten tatsächlich starten sollten, rechnet die Gröner Group mit einer Bauzeit von mindestens knapp fünf Jahren. Den ehemaligen Majolika-Aufsichtsräten empfiehlt sie derweil eine gerichtliche Klärung ihrer Forderungen. Sie seien ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen. Nicht der einzige Fall, in der die Gröner Group fällige Zahlungen verweigert haben soll. Doch Gröner selbst setzt in dem Fall der strittigen 2.000 Euro pro Person nicht allein auf die gerichtliche Instanz, wie er in seiner E-Mail abschließend schreibt. "Wir sind dann gespannt – wenn von Ihrer Seite Vollstreckungen erfolgen und dadurch der Betrieb nicht mehr gewährleistet ist – was dazu die Öffentlichkeit sagt."

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1 Kommentar verfügbar

  • bedellus
    am 21.03.2024
    Antworten
    irgendwie erinnert das eben auch an den ksc: es klappt selten mal gut...
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