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Privatisierung der Majolika

Gröner macht Druck

Privatisierung der Majolika: Gröner macht Druck
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Der Krimi um die Karlsruher Majolika-Immobilie entwickelt sich zum Drama. Während die Keramikmanufaktur weiter vor sich hin dümpelt, erhöht Investor Christoph Gröner den Druck, um das Grundstück kontrollieren zu können. Derweil sorgt in Berlin eine Parteispende Gröners für Wirbel.

Seit ihrer Privatisierung im vergangenen Jahr stehen in der Karlsruher Majolika-Manufaktur nicht mehr Keramik-Unikate, sondern der Zugriff auf ein einzigartiges Grundstück im Mittelpunkt. Noch gehört das Gelände der Stadt und die Gemeinderäte entscheiden, ob es tatsächlich in den Immobilienkonzern des Investors Christoph Gröner übergeht. Doch der lässt die Gemeinderäte warten. Zu dem nicht-öffentlichen Termin des Majolika-Begleitgremiums am 26. September sei er eine halbe Stunde zu spät gekommen, berichten Teilnehmende, und habe gleich Druck gemacht: Binnen 18 Monaten wolle er des Grundstücks übernehmen. Einen passenden Bebauungsplan solle ihm die Stadt noch dazu geben, sonst werde er die defizitäre, 122 Jahre alte Manufaktur nicht weiterführen, formulierte er demnach klare Bedingungen. Für die Stadt kommt eine Abgabe des Gebäudes nur in Erbpacht in Frage, das hatte der Gemeinderat Ende vergangenen Jahres erneut klargestellt. Die Übernahme des städtischen Majolika-Geländes sei ihm beim Kauf der Manufaktur 2022 versprochen worden, machte hingegen Gröner deutlich. Doch solche Absprachen sind bislang von Seiten der Stadt stets dementiert worden.

Manufaktur zum Schnäppchenpreis

Bis 2022 gehörte die Majolika-Manufaktur noch der gleichnamigen Stiftung, die den Keramikbetrieb mit finanzieller Unterstützung der Stadt betreiben sollte. Im Sommer 2022 kam es dann überraschend zur Privatisierung. 50.000 Euro soll die Majolika-Stiftung nach Kontext-Informationen im vergangenen Jahr als Kaufpreis für die Manufaktur erhalten haben. Diese Summe wird auch im städtischen Beteiligungsbericht als "Einnahmen aus der Vermögensverwaltung" der Stiftung genannt. Besonders in der damaligen Niedrigzinsphase eine sehr geringe Summe, um sich den Zugriff auf eines der renommiertesten Grundstücke der Stadt zu sichern. Doch aktuell ist die Majolika für Gröner ein Zuschussgeschäft, das er sich gemäß seiner Fristsetzung nicht mehr lange leisten will.

Im Betrieb der Manufaktur tut sich auch nach der vollständigen Übernahme durch Gröner im Frühjahr 2023 nicht viel. Auf ihrer Internetseite warb die Manufaktur bis vor wenigen Wochen noch mit Osterdekorationen. Dazu wurden die Öffnungszeiten halbiert. Seit Juli ist die Keramik-Ausstellung an den Wochenenden gar nicht mehr geöffnet. Die Möglichkeiten, neue Keramikprodukte herzustellen, sind in der Manufaktur ohnehin sehr schlecht. "Sämtliche Produktionsanlagen und Maschinen sind überaltert und zum großen Teil defekt", heißt es in der Bestandsaufnahme der neuen Eigner selbst. Die defekten Maschinen sollen zwar zwischenzeitlich katalogisiert worden sein. Doch um sie zu restaurieren, gibt es von Gröner kein Budget. Auch in das Personal wird nicht investiert. Mittlerweile soll es innerhalb der Manufaktur nur noch eine Person geben, die überhaupt Keramik brennen kann.

Gröner bleibt Finanzkonzept schuldig

Dies sind denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Übertragung der Immobilie an Gröner. Denn nur auf Grundlage "eines belastbaren und nachvollziehbaren Konzeptes für die Majolika GmbH sowie eines Wirtschaftsplans nebst mittelfristiger Finanzplanung" könne der Gemeinderat entscheiden, heißt es auf Anfrage von der Stadtverwaltung. Bei der Frage, ob ein solches Konzept schon vorgelegt wurde, bleibt der Kulturbürgermeister kryptisch. Man stehe "im Austausch mit dem Eigentümer der Manufaktur im Sinne eines dialogischen Prozesses".

Zumindest gegenüber dem Begleitgremium konnte Gröner dazu noch wenig Konkretes liefern. Ein Boardinghouse, Apartments, Betriebswohnungen, Ateliers, Gastronomie und Events wolle er auf dem Gelände realisieren, um mit den Mieteinnahmen den Betrieb der Manufaktur zu subventionieren. Zudem solle die Produktion "flexibel und anpassungsfähig" entwickelt werden. Doch obwohl in den vergangenen Wochen intensiv an einem Wirtschaftsplan getüftelt wurde, blieb Gröner diesen im Begleitgremium schuldig. Nur einige Zahlen griff er auf, berichten Teilnehmende. 14 Millionen Euro wolle er insgesamt investieren. Elf Millionen sollen in die Immobilie und drei Millionen in dihren Erwerb fließen. Bei den möglichen Mieteinnahmen ging er von bis zu einer Million Euro pro Jahr aus. Die Manufaktur bräuchte jährlich etwa 200.000 bis 300.000 Euro, schätzte er demnach gegenüber dem Gremium.

Trotz dieser Versprechen wirkte der Auftritt nach Einschätzung aus Teilnehmendenkreisen wie ein "Kuhhandel vor dem Gremium". Nicht nur der Preis, den Gröner für das Gelände entrichten will, ist noch sehr umstritten, auch die Machbarkeit seiner Pläne ist ungewiss. Das denkmalgeschützte Majolika-Areal liegt in einem Landschaftsschutzgebiet und grenzt unmittelbar an ein Natur- und Vogelschutzgebiet. Entsprechend schwierig und umstritten dürften die nötigen Festlegungen im geforderten Bebauungsplan zu den notwendigen Parkplätzen, Eingriffen in die Landschaft oder Umweltauswirkungen werden. Die Verwaltung sah die Frist von 18 Monaten in einer ersten Reaktion nach Teilnehmerangaben als nicht machbar an. Auf Kontext-Anfrage wollte sich Gröner nicht äußern, ließ er eine Sprecherin ausrichten: "Wir werden Ihnen hierzu keine Stellungnahme geben."

Spende, um politischen Einfluss zu nehmen?

Mit einer ganz anderen Bedingung ist Gröner derzeit in Berlin konfrontiert. 2020 spendete er insgesamt 820.000 Euro an den Berliner Landesverband der CDU. Strittig ist, ob er dafür eine Gegenleistung forderte. "Ich habe der CDU drei Bedingungen gesetzt", sagte Gröner 2021 gegenüber dem "Deutschlandfunk". Eine der im Interview von ihm genannten Voraussetzungen war, dass die Berliner CDU den damals noch geltenden Mietendeckel reformiere. Aufgrund seiner direkten Betroffenheit als Immobilienunternehmer hegt Transparency International daher den Verdacht von "Korruption und sachwidriger Einflussnahme auf die Parteiarbeit". Gröner wies dies von sich. "Ich habe mit den Spenden niemals eine Bitte oder eine Forderung gestellt", sagte er gegenüber dem "Tagesspiegel". Wenn doch, sei das "im Affekt" geschehen.

Die Bundestagsverwaltung prüfte die Spende auch auf Grundlage einer Stellungnahme der Berliner CDU, hatte danach nichts zu beanstanden und stellte die Ermittlungen Ende Juli ein. Ein Anfang September veröffentlichtes Gutachten kam zu einem anderen Schluss. Christoph Gröner habe "seine Spenden mit konkreten politischen Erwartungen verbunden", urteilte die Rechtswissenschaftlerin Sophie Schöneberger. Mit den zwei Spenden habe sich Gröner "nicht allgemein auf grobe politische Linien beziehen, sondern konkrete politische Vorteile in den Blick nehmen" wollen. Dies sei nach dem Parteiengesetz eine illegale "Einflussspende". Die Bundestagsverwaltung teilte auf Anfrage mit, dass dieses Gutachten "gegenwärtig ausgewertet" werde.

Transparency International forderte die anderen Parteien derweil auf, Klage wegen der Gröner-Spende einzureichen, da nur sie klageberechtigt seien. Grüne, Linke und die Partei erklärten daraufhin eine Klage derzeit zu prüfen. Gegenüber Kontext erklärte der Landesvorsitzende der Berliner Linken Maximilian Schirmer: ""Wir haben großes Interesse daran, damit aufzuräumen, dass Politik käuflich ist oder zumindest ein solcher Anschein erweckt wird." Wie die Grünen forderte er die Berliner CDU auf, ihre Stellungnahme an die Bundestagsverwaltung offenzulegen. Bei der Berliner CDU wollte man dazu auf Anfrage keine Stellung nehmen. "Für uns gibt es an der Rechtmäßigkeit der Spenden keinen Zweifel", sagt Dirk Reitze, der Landesgeschäftsführer der CDU. Gröner selbst wollte auch in dieser Angelegenheit keine Stellungnahme abgeben.

Für Schirmer wiegt der Verdacht von "käuflicher Politik" schwer und er strebt eine schnelle Klärung an. "Wir reden nicht von Monaten, sondern von Tagen und Wochen", sagt er mit Blick auf die eigene rechtliche Prüfung. In der Karlsruher Majolika gibt es hingegen kaum Anzeichen, dass die monatelange Hängepartie um ein kulturelles Denkmal der Stadt bald beendet ist.


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1 Kommentar verfügbar

  • bedellus
    am 04.10.2023
    Antworten
    seitdem ich in karlsruhe wohne (~ 40 jahre) ist die majolika mehr oder weniger von der pleite bedroht - schade! das kann wohl auf die dauer so nicht weitergehen. und ja - das gelaende hat was.
    wenn nun eine wohnungsbaugenossenschaft - die sind ja unter umstaenden dem gemeinwohl eher zugeneigt -…
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