Seither sei nichts passiert, sagt Arndt, der während seiner Rede immer wieder die Kompromissbereitschaft des Betriebsrates betont. "Lassen Sie, lieber Arbeitgeber, uns miteinander sprechen, um die Zukunft der Menschen hier zu sichern." Und die der Firma, denn "mit Verlagerung und Personalabbau stärken wir Walter nicht als Premiumwerkzeughersteller".
Unterstützt werden die Walter-Beschäftigten bei der Kundgebung mit anschließender Menschenkette ums Werk von KollegInnen aus anderen Betrieben. Boschler sind da, Leute von Siemens, von der MAG und benachbarten Betrieben. Rund 400 Frauen und Männer zeigen an dem sonnigen Mittag ihre Solidarität. Ein älterer Herr muss der Presse unbedingt seine Ansicht erläutern. "Ich bin Uwe Kaske, 81, und ich sage Ihnen: Was die da oben machen, ist Verrat. Die verkaufen uns an China, denken nur an den kurzfristigen Reibach. Es geht doch heute nicht mehr um Wachstum, es geht darum zu erhalten, was wir haben." Sagt's und zieht weiter.
In der Menge steht Firmin Mauch mit einem Schild: "Für den kompletten Standorterhalt in Tübingen". Der 37-Jährige ist Betriebsratsvorsitzender bei MAG-IAS in Rottenburg. Er will Mut machen, denn bei ihnen wurden im vorigen Jahr Schließungspläne verhindert. Der gesamte Standort, ehemals Hüller, an dem Kernkomponenten wie Rundtische und Spindeln gefertigt werden, sollte weg: 130 Leute. Lang und zäh seien die Verhandlungen gewesen. Unterstützt worden sei die Belegschaft von der Stadt und von der Politik: "Wir sind ja ein ähnliches Traditionsunternehmen wie Walter hier in Tübingen."
Am Ende zog die Unternehmensseite ihren Plan zurück. 20 KollegInnen nahmen mit Hilfe eines Freiwilligenprogramms ihren Abschied. Nun arbeite man daran, die Abhängigkeit von der Autoindustrie zu verringern. Mauch ist stolz auf den Erfolg, zudem sei nun die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat deutlich besser. Für Walter zeigt er sich eher optimistisch: "Die Unsicherheiten durch den Krieg, durch die zerrütteten Lieferketten sind eigentlich zu groß."
Doch lieber selbst Geld drucken?
Bei den Verhandlungen in Rottenburg dabei war Martin Rosemann, Bundestagsabgeordneter der SPD, Wahlkreis Tübingen-Hechingen. Er engagiert sich auch im Fall Walter AG. Gemeinsam mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, Grüne, hat er sich vor einer Woche mit drei Leuten der Konzernleitung getroffen. Über die Inhalte des Gesprächs sei Geheimhaltung verabredet worden, berichtet er den Demonstrierenden. "Mein Eindruck: Ein Kompromiss ist möglich, aber er ist kein Selbstläufer." Was immer das auch heißen mag. Ein nächster Gesprächstermin wurde jedenfalls nicht verabredet. Und von Seiten der Walter AG heißt es auf Kontextanfrage: "Da wir uns derzeit noch in der Verhandlungsphase befinden, möchten wir keine Stellungnahme abgeben."
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