Das Auto ist nicht ökonomisch: Der aktuelle Golf hat ein Totgewicht von 1,3 Tonnen und befördert in der Regel 80 kg Menschenfleisch und Blut. Das Verhältnis zwischen Transport- und Leergut von 1:16 ist krass; kein Kapitalist würde das im normalen Business akzeptieren. Beim E-Auto sind es dann 1,9 Tonnen zu 80 kg oder 1:24. Übrigens: 1970, beim Käfer, waren es noch 700 kg zu 80 kg oder eins zu neun.
Das Auto ist nicht effizient: Die Durchschnittsgeschwindigkeit im Autoverkehr in Los Angeles liegt bei 17 km/h, in Stuttgart vielleicht bei 25 km/h. Das ist die Geschwindigkeit eines latent unsportlichen Radfahrers.
Das Auto ist stadtzerstörerisch: Der Autoverkehr beansprucht mindestens vier Mal mehr Fläche je Transporteinheit wie der Verkehr mit Öffis.
Das Auto ist mit Blick auf Klima und Umwelt nicht vertretbar: Rund ein Fünftel der das Klima schädigenden Gase sind Pkw und Lkw zuzurechnen.
Das Auto ist mörderisch: Jahr für Jahr kostet der Autoverkehr in der EU 25 000 Menschen das Leben. Weltweit sind es jährlich mehr als eine Million.
Das schmutzige Dutzend bleibt immer das gleiche
Die Autokonzerne bilden, zusammen mit den Öl- und Energieunternehmen, die entscheidende Macht in der Weltwirtschaft. Ausgeklammert ist dabei der Finanzsektor, der jedoch eng mit den jeweiligen Konzernen verflochten ist.
Ausschlaggebend für die Bedeutung sind aber nicht in erster Linie die Jobs. In der Weltautobranche gibt es "nur" zehn Millionen davon, die Zulieferer bereits eingeschlossen. In der Welttextilbranche etwa sind drei Mal mehr Menschen beschäftigt. Doch die Autoindustrie ist so mächtig, weil sie ihre Hauptquartiere in den wichtigsten kapitalistischen Ländern hat, und weil "das Auto" in der bestehenden Gesellschaftsordnung, die massenhaft Entfremdung produziert, eine große Rolle in der Massenpsychologie und für Ersatzbefriedigungen spielt.
In den letzten drei Jahrzehnten haben sich die Orte, an denen die Autoproduktion weltweit stattfindet, radikal verändert. 1990 wurden noch 80 Prozent aller Kraftfahrzeuge, die auf den Markt kamen, in den "westlichen" Regionen Nordamerika, Japan, Südkorea und Westeuropa gefertigt. 2018 lag dieser Anteil bei der Hälfte, bei rund 40 Prozent. Das Spannende ist jedoch: 2018 ist es dasselbe "schmutzige Dutzend", das knapp 80 Prozent der Weltautoproduktion kontrolliert wie 1990. Es sind dies die drei japanischen Konzerne Toyota, Honda und Suzuki-Maruti; die drei deutschen Hersteller VW, Daimler, BMW; die zwei US-Autokonzerne General Motors und Ford; die zwei "Franzosen" Renault-Nissan und PSA (Peugeot, Citroen und Opel); der südkoreanische Konzern Hyundai und der italienische Hersteller Fiat-Chrysler.
Diese Gruppe blieb weitgehend identisch. Auch ist die Zahl der rund zehn Millionen Autojobs seit drei Jahrzehnten weitgehend unverändert. Doch der Output hat sich immens vergrößert. 1960 produzierte die Weltautobranche 20 Millionen Kraftfahrzeuge. 1980 waren es 40 Millionen, 1990 gut 50 Millionen, und 2018 bereits 100 Millionen.
Aus einer Krise entstehen noch mehr Autos
Die Branche erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg ein halbes Dutzend Krisen. Sie ist seit Mitte der 1970er Jahre auch Taktgeber der Weltkonjunktur – die jeweilige Branchenkrise ist immer zugleich eine Rezession der Weltwirtschaft. So in den Jahren 1975/76, 1980/81, 1992, 2001 und 2008/2009. Und diese Branchenkrisen waren oft zugleich Glaubwürdigkeitskrisen für die Autoindustrie, die sie jeweils mit Reformdebatten und -projekten zu überwinden versuchte. Am Ende liefen sie stets auf eine nochmals deutlich gesteigerte Pkw-Zahl und Auto-Dichte hinaus.
Exemplarisch seien hier genannt die Diskussion um die "autofreien Sonntage" und das Tempolimit im Jahr 1973 – als Folge der "Ölkrise". Die Reformprojekte damals waren spritsparende kleine Pkw, später der Katalysator. In der Krise 2008/2009 wurde der Biosprit massiv propagiert – angeblich auch als Mittel zur Reduktion der CO-2-Emissionen. Das aktuelle Reformprojekt lautet "Elektromobilität". Behauptet wird, eine möglichst große Zahl von Elektroautos würde die CO-2-Emissionen reduzieren und dem Klimawandel entgegenwirken. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil.
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Nigel Trewartha
am 16.03.2019