Den Brand im ICE 511 hatten Fahrgäste entdeckt, die dann die Notbremse zogen. Dagegen hatte Brandschutzexperte Bieger in der Schlichtung behauptet, dass Hitzedetektoren in den Zügen Brände zuverlässig melden.
"In Fahrzeugen gibt es einen Brandschutz mit Hitzedetektoren. Heute arbeitet man mit sehr vielen Detektoren. Es ist natürlich abgeschottet. Es gibt Bordlöschmittel und Brandschutztüren. Das heißt, selbst wenn ein Zug irgendwo zu brennen anfängt, kann man dies eingrenzen, und der Zug kann weiterfahren. Das ist das Wichtige."
Der Hinweis von Bieger auf Bordlöschmittel ist angesichts des Brandgeschehens beim ICE 511 ein schlechter Witz. "Das Zugpersonal hätte sich mit Löschversuchen in Lebensgefahr begeben", sagt der Informant. Dass der ICE-Brand glimpflich ausging, ist vor allem das Verdienst des Lokführers. Nachdem die Notbremse gezogen war, brachte er den Zug nicht sofort, sondern erst in einer Haltebucht zu stehen, wo die Evakuierung begann. Der letzte Tunnel, den der Zug verlassen hat, lag 15 Kilometer zurück, der nächste vier Kilometer voraus. "Bei 300 Stundenkilometer den Zug außerhalb eines Tunnels zum Halten zu bringen, war eine Meisterleistung", sagt der Informant.
Züge sollen im Notfall nie im Tunnel zum Stehen kommen
Damit handelte der Lokführer ganz nach Vorschrift, wonach Züge im Notfall nie im Tunnel zum Stehen kommen sollen. Dies betonte auch Klaus-Jürgen Bieger in der Schlichtung.
"Das Entscheidende ist, dass wir schon sehr frühzeitig gesagt haben: Wenn jemand im Tunnel die Notbremse zieht, ist das für das weitere Verfahren nicht gut. Das heißt, dann steht der Zug brennend im Tunnel. Deswegen gilt: Wenn Sie im Tunnel die Notbremse ziehen, ist der Lokführer in der Lage, weiterzufahren. Er überbrückt das und fährt raus ..."
Dennoch gibt es bei Stuttgart 21 Szenarien, in denen ein brennender Zug im Tunnel zum Stehen kommt. Der wahrscheinlichste Worst Case: Vorausfahrende Züge oder belegte Bahnsteiggleise blockieren die Ausfahrt. "Ein Stromabnehmer reißt den Fahrdraht herunter, es kommt zum Entladungsblitz, der den ICE in Brand setzt", schildert der Insider ein weiteres Szenario. Bergab im Fildertunnel reicht der Luftvorrat der Druckluftbremsen nicht aus, um den Zug sicher im Tiefbahnhof abzubremsen. "Der Lokführer muss im Tunnel halten", erläutert er. Kommt es wie beim ICE 511 zu einem Vollbrand mit gewaltiger Rauchentwicklung, ist die Katastrophe unausweichlich. "Die Flüchtenden ersticken in den Brandgasen. Da gibt´s kein Glück im Unglück mehr, die Bahn kann sich nicht länger rausreden", sagt der Insider.
Bringt der Brand des ICE 511 den Tiefbahnhof Stuttgart 21 ins Schleudern? "Die DB unterstützt die Ermittlungen der Ermittlungsbehörden umfassend. Erst wenn die Ursache geklärt ist, lassen sich daraus Maßnahmen ableiten", teilt eine Bahnsprecherin mit. Auch die Stuttgarter Feuerwehr beschäftigt das Unglück. "Um eine qualifizierte Auskunft zu geben, muss die Branddirektion die Sachlage erst einmal genau prüfen", man wolle sich erst in einigen Tagen äußern.
Vor acht Jahren hatte Schlichter Geißler bereits die Bahn aufgefordert, "für jeden Tunnel eine Lösung zu finden, die den Worst Case berücksichtigt". "Versprochen. Diese Lösung finden wir", hatte der damalige Bahn-Vorstand Volker Kefer laut Protokoll geantwortet.
Info:
"Scheitert Stuttgart 21 am Brandschutz?" Das fragt das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 in einer Info-Veranstaltung am Montag, 29. Oktober um 19.30 Uhr im Großen Saal, Rathaus Stuttgart.
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Ruby Tuesday
am 23.10.2018