Es brauchte erst Demonstrationen und Klagen, bis die grün geführte Landesregierung Luftreinhaltepläne mit mehr als heißer Luft fortschrieb – mit Maßnahmen, die messbar etwas bewirkten. Etwa das Einführen einer Umweltzone im gesamten Stuttgarter Stadtgebiet. So dürfen seit 2019 Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 und schlechter nicht mehr nach Stuttgart einfahren. Die "kleine Umweltzone", die den Stuttgarter Talkessel sowie die industriell geprägten Stadtbezirke Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen umfasst, ist seit 2020 für Dieselfahrzeuge mit der strikteren Abgasnorm Euro 5 und schlechter tabu. Zu besserer Luft verhilft auch ein Lkw-Durchfahrtsverbot, das im selben Zeitraum erlassen wurde.
Schon zuvor, im Jahr 2016, wurde erstmals in der Landeshauptstadt Feinstaubalarm ausgerufen, sobald die amtlichen Wetterfrösche austauscharme Inversionswetterlagen, bei der kalte Luft über dem Boden und warme darüber liegt, vorhersagten. Bis auf ein späteres Betriebsverbot von sogenannten Komfort-Kaminen beschränkten sich die Behörden in Alarmzeiten auf Appelle, etwa das Auto stehen zu lassen und auf Busse und Bahnen umzusteigen, die die Stuttgarter Straßenbahnen zusätzlich einsetzten.
Später wurde auf Hauptstraßen das zulässige Tempo von 50 auf 40 Kilometer pro Stunde beschränkt. Im Autoland Baden-Württemberg war selbst der grüne Verkehrsminister Hermann stets bemüht, "möglichst ohne verkehrsbeschränkende Maßnahmen die Luftschadstoffgrenzwerte einzuhalten". Da trotz Feinstaubalarm viele ihr Heilig's Blechle mit grüner Plakette weiterfuhren, kam man im Land der Tüftler immerhin auf Idee, stromfressende Luftfiltersäulen an besonders belasteten Straßen aufzustellen.
Ziel: möglichst keine Verkehrsverbote
Vor allem dank schadstoffärmeren Motoren rückte im Laufe der Zeit statt Abgasen der mechanische Abrieb bei Bremsen und Reifen als Hauptquelle für Feinstaub in den Fokus. Dennoch: Seit 2011 wird in der Landeshauptstadt Stuttgart der Grenzwert für Feinstaub (PM10) im Jahresmittel eingehalten, seit 2018 wird auch der höchstzulässige Tagesmittelwert am Neckartor unterschritten. Und seit 2017 wird auch der Grenzwert für die Kurzzeitbelastung (200 Mikrogramm pro Kubikmeter im Stundenmittel) durch Stickstoffdioxid eingehalten. Ab 2021 wurde an allen Messstellen im Stadtgebiet der Grenzwert für den Jahresmittelwert der NO2-Konzentration nicht mehr gerissen – wenn auch nur knapp. "Seit 2022 werden alle geltenden Luftschadstoffgrenzwerte flächendeckend in Baden-Württemberg eingehalten", heißt es aus dem Landesverkehrsministerium. Aus gesundheitlicher Perspektive sei man jedoch noch nicht am Ziel. "Trotz aktuell guter Luftqualität können Schäden für die menschliche Gesundheit noch immer nicht völlig ausgeschlossen werden", so die Sprecherin.
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