Ziel: Defossilisierung
"Wir wollen die Welt ein bisschen besser machen", sagt Stephan Renninger, der Technikchef von Cyclize. Und das gleich in dreifacher Hinsicht: Das vom Cyclize-Team entwickelte Verfahren könnte ein wichtiger Schritt zur Defossilisierung der Chemieindustrie sein, weil Erdgas durch nicht-fossile Alternativen ersetzt wird. Gleichzeitig wird jede Menge Kunststoffabfall wiederverwertet, Kreislaufwirtschaft ist hier das große Schlagwort. Und schließlich wird kein CO2 erzeugt, sondern sogar verbraucht.
Renninger ist der große Tüftler im Cyclize-Gründungsteam. Er hat an der Universität Stuttgart Nachhaltige Elektrische Energieversorgung studiert und am Institut für Photovoltaik der Uni promoviert. Zusammen mit Maike Lambarth forschte er nach Wegen, um Kohlenmonoxid nachhaltig herzustellen, ein Grundstoff für alle möglichen Dinge. Dafür entwickelte er einen Plasmareaktor, um CO2 zu spalten. Eigentlich wollte das Team daraus synthetischen Schiffsdiesel herstellen. Der wäre aber viel zu teuer gewesen, das hätte keine Reederei zahlen wollen. Sie erforschten und prüften weitere Anwendungsmöglichkeiten, schließlich starteten sie 2021 ihre Defossilisierungs-Mission mit der Cyclize GmbH.
Kreislaufwirtschaft war schon immer ihr Ding
Heute ist Lambarth Cyclize-Geschäftsführerin. Renninger hatte sie schon während seiner Promotion ins Projektteam geholt: "Ich hatte sehr Bock, mit ihr zusammenzuarbeiten, weil ich wusste, dass sie sehr organisiert ist. Und das ist nicht unbedingt meine Stärke." Lambarth hatte im Photovoltaik-Institut Energietechnik studiert und schon Gründungserfahrung: Sie ist Mitbegründerin der "Raupe Immersatt" in Stuttgart, des ersten Foodsharing-Cafés in Deutschland, Kreislaufwirtschaft war also schon immer ihr Ding. Außerdem gehören zum Cycliz-Gründungsteam Jan Stein, der sich unter anderem um die IT kümmert, und der Betriebswirt Dominik Novakovic.
Der Begriff "cyclize" beschreibt in der Chemie einen Vorgang, bei dem sich Kohlenstoffketten zu einem Ring schließen. Cyclize will die Kohlenstoffnutzung in eine Kreislaufwirtschaft verwandeln, Kernelement dabei ist die Plasmatechnologie. Plasma gilt als vierter Aggregatzustand, neben fest, flüssig und gasförmig. Auf der Erde kommt Plasma in der Natur eher selten vor, etwa kurzzeitig in Blitzen, aber die Sonne beispielsweise besteht hauptsächlich aus Plasma.
CO2 und Plastikmüll als Rohstoff
Die Zutaten zum Cyclize-Verfahren: Kunststoffabfall, CO2 und Strom. Der Plastikmüll kommt entweder aus dem gelben Sack, egal ob Windeln, PET-Flaschen oder aus der Industrie in Form von Produktionsüberschüssen. Renninger: "Der eine Lastwagen bringt vielleicht besonders viele Pampers, der andere Matratzenschäume, und heraus kommt trotzdem das gleiche Endprodukt." CO2 ist in der Regel in Chemieparks, wo die Cyclize-Anlagen künftig stehen sollen, bereits jetzt reichlich vorhanden, dort gibt es oft schon CO2-Netze. Pro Kilo Kunststoffmüll können bis zu fünf Kilo CO2 verwertet werden. Idealerweise laufen die Anlagen mit Strom aus erneuerbaren Energien. Das Verfahren benötigt nach Cyclize-Angaben nur etwa ein Drittel der Energiemenge, die für die Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse benötigt wird und ist schon im jetzigen Strommix – trotz Kohle- und Gasstrom – zumindest CO2-neutral.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!