Schwarzmalende Landtagsabgeordnete der Grünen sehen sich schon auf dem Weg in die Opposition. Oder gar raus aus dem Parlament. Und Gründe für Pessimismus gibt es tatsächlich einige im einzigen Bundesland, in dem die Grünen in zwei Landtagswahlen hintereinander stärkste Fraktion wurden: Wichtige Vorhaben kommen in Baden-Württemberg nicht mehr voran oder bringen, wie die Bildungsreform zugunsten der Gymnasien, selbst eingefleischte grüne Stammwähler:innen gegen die Partei auf. Und ausgerechnet vom Klimasachverständigenrat des Landes hagelt es Kritik: Der Mobilitätssektor komme nicht voran, der Südwesten brauche die Mobiliätswende – die die Grünen in 13 Jahren als Regierungspartei bislang nicht hinbekommen haben.
Obendrein drückt der Zustand im Bund auf die Stimmung. So sehr, dass sogar Gerlinde Kretschmann, Ehefrau von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Grünen-Mitglied seit Jahrzehnten, sich aufgerufen fühlt, Negativ-Schlagzeilen zu produzieren. Sie drischt in der "Schwäbischen Zeitung" auf die Bundestagsfraktion ein: "Wir haben keine Freude an denen." Das "Wir" schließt ihren Gatten ein und lässt ahnen, was da so gesprochen wird daheim in Laiz über das Personal der Grünen in Berlin. "Furchtbar" sei die Fraktion, ärgert sich die 77-Jährige munter weiter: "Die machen reine Minderheitenpolitik und reine Katastrophenszenarien."
Der Fußtritt ist symptomatisch für die verwirrte Verzagtheit, die gerade im erfolgsverwöhnten Stammland Baden-Württemberg um sich greift, und zudem ist der Zeitpunkt bemerkenswert. Denn ausgerechnet Mitglieder der angeblich so furchtbaren Bundestagsfraktion machen sich gerade auf in der Hoffnung, den Anti-Grünen-Zeitgeist zu zähmen. Darunter das baden-württembergische Spitzenkandidaten-Duo zur Bundestagswahl 2021: Franziska Brantner kandidiert als neue Bundesvorsitzende, und Cem Özdemir, derzeit Bundeslandwirtschaftsminister, will aller Voraussicht nach zweiter grüner Ministerpräsident in der Landesgeschichte werden. Sie hätten mehr Unterstützung verdient anstelle einer reichlich pauschalen Frontalkritik.
Kretschmanns Kritik lässt die CDU frohlocken
Keine der drei Ampelparteien war spätestens seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine so kompromissbereit wie die Grünen, unter maßgeblichem Einschluss der Bundestagsfraktion. Dennoch verfängt die Äußerung der früheren langjährigen Sigmaringer Gemeinderätin Gerlinde Kretschmann in Windeseile – bei "Bild", "Welt" und "Focus" und in der Landes-CDU. "Gerlinde Kretschmann bringt auf den Punkt, was viele Menschen über die Grünen im Bund denken", freuen sich die Schwarzen auf ihrer Homepage und auf Facebook spöttisch und unangebracht übergriffig zugleich, "wir brauchen keine Ideologen, sondern Realisten, die die Probleme in unserem Land erkennen und dementsprechend handeln." Viele Kommentare fallen ähnlich aus: "Je schneller die Grünen aus dem Bundestag und allen Landtagen rausfliegen, umso besser", frohlockt einer aus dem Unterland, "diese Partei und ihre Ideologie ist staatsgefährdend." Ein anderer reimt holprig: "Ich hüte mich vor Sturm und Wind und vor allen, die bei den Grünen sind." Und eine Karlsruherin mutmaßt über die First Lady: "Sie spricht aus, was ihr Winfried vermutlich denkt, aber nicht sagen kann."
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Frieder Kohler
am 21.10.2024Handelns anerkennt, ist auf seinen Amtseid zu überprüfen. Wenn das Parteibuch der CDU
Führungsqualifikaton ersetzt,…