Schneller, besser, höher, schöner: Es sind seit Jahrzehnten eingeübte Mechanismen, die greifen, wenn Baden-Württemberg international glänzen will. Wer dazu beiträgt, hat scharfe Kontrolle nicht zu befürchten. Immer entlang der Erkenntnis, das wohlgetan ist, wenn sich Global Player und der Mittelstand, Unis, Forschungseinrichtungen, Tourismusregionen und das Land als solches auf möglichst großer Bühne präsentieren. Von einem Leuchtturmprojekt schwärmte CDU-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und von einer Weltpremiere, weil sonst nur Nationalstaaten den Zuschlag für einen eigenen Pavillon auf der Corona-bedingt ins Jahr 2021 verschobenen Expo in dem Wüstenstaat bekommen.
Inzwischen hat sich's ausgeschwärmt. Denn die SteuerzahlerInnen werden statt Null Euro, wie ursprünglich geplant, 15 Millionen tragen müssen und die 48-Jährige damit zurechtkommen, dass ihr die Opposition die Fähigkeit abspricht, ein Ministerium zu führen. Natürlich ist die Rücktrittsforderung mit der Tatsache geschuldet, dass in sieben Wochen Landtagswahl ist und speziell die Sozialdemokraten raus wollen aus ihrem demoskopischen Dauertief – da kann der Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch mit noch so treuherzigem Augenaufschlag jeden Zusammenhang leugnen. Auf der traditionellen Klausur zum Jahresauftakt hat die SPD beschlossen, nicht auf eine Abwahl der 48-Jährigen zu warten. Die hatte ihren Wahlkreis vor fünf Jahren mit nur 310 Stimmen oder 0,4 Prozentpunkten Vorsprung vor den Grünen gewonnen und läuft Gefahr, dem nächsten Landtag gar nicht mehr anzugehören. Könnte aber auch passieren, dass sie bei einer Neuauflage von Grün-Schwarz ihren Chefinnen-Sessel frei machen muss für die jetzige Kultusministerin und Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann.
"Politisch total versagt", meint die SPD
Solche Aussichten reichen den Roten aber nicht. Weil die Quereinsteigerin aus der Familie des Waagenfabrikanten Bizerba "politisch total versagt" habe, müsse sie sofort zurücktreten, zürnt Stoch. Gerade angesichts der Herausforderungen durch die Corona-Krise könne sich Baden-Württemberg "keine Hilflosigkeit" leisten. Zu einem Abwahlantrag im Landtag – der angesichts der Mehrheits-Verhältnisse ohnehin keine Chance hätte – wird es aber nicht kommen. Der Grund: Die FDP kritisiert zwar die Versäumnisse ähnlich scharf, will aber auf die Rücktrittsforderung verzichten. Er gehe davon aus, so Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, dass sich die Frage erledige, weil die Ministerin angesichts der Dubai-Affäre ohnehin nicht mehr in ein Kabinett berufen würde. Was sein CDU-Kollege Wolfgang Reinhart wiederum sofort in Abrede stellte, mit der immerhin zutreffenden Begründung, dass darüber nicht die Opposition zu entscheiden habe.
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