Mit einem "atmosphärischen Wald" will das Land locken, mit einem Kaltluftsee, mit einem Weg und "seinem explorativen Charakter, der Besuchern Einblicke gibt in die besondere Lebensqualität". Die Schokoladenseiten des eigenen Unternehmertums, der Mentalität, sich wirtschaftlich grundsätzlich auf der Überholspur zu befinden, sollen entblättert werden. Als einzige Region im Konzert von 192 Nationen nimmt der deutsche Südwesten an der Weltausstellung teil, die 2020 stattfinden sollte und 2021 nachgeholt wird. Der Pavillon für die Präsenz vor Ort, schreibt die mit der Umsetzung beauftragte Agentur Milla und Partner in bester Kommunikations-Hochglanz-Manier, "kontrastiert durch Entschleunigung, Ruhe, Präzision und ein Lächeln".
Das angepriesene Lächeln ist vielen Bauarbeitern sicher längst vergangen, selbst wenn die Expo-Verantwortlichen regelmäßig Kontrollen der Arbeits- und Lebensbedingungen versprechen. Jedenfalls in den ersten drei Monaten, so steht es auf einer der Info-Seiten. Seit Jahren prangern Menschenrechtsorganisationen Ausbeutung und Unterdrückung durch die "Möchtegern-Guten vom Golf" ("Frankfurter Rundschau") an. Und das konsequente Wegsehen demokratischer Regierungen, sobald es um eigene Geschäfte geht.
Die Ausstellung unter dem Stichwort "Baden-Württemberg 5.0" soll, nach 2.0 oder 4.0, "das nächste Kapitel unseres Wirtschaftens" aufschlagen, wie die zuständige Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) schwärmt. Es könnte ihr letztes sein. Regierungsmitglieder seien schon für weniger zurückgetreten, orakelte SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch, als er gemeinsam mit seinem FDP-Kollegen Hans-Ulrich Rülke die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ankündigte. Der soll in den verbleibenden knapp vier Monaten Plenararbeit bis zur Landtagswahl 2021 Licht ins Dunkel der ums Fünffache gestiegenen Kosten für den Pavillon in Dubai bringen. Und herausfinden, wieso für alle weiteren Corona-bedingten oder aus anderen Gründen anfallenden Mehrkosten das Land haften muss. Dabei stand am Beginn der vielen Versprechungen der Ministerin zur "Weltpremiere des Standortmarketing" unter dem Motto "Ländle goes Dubai" die Zusage, dass ihr Haus lediglich eine "protokollarisch flankierende Rolle" spielen werde. Daraus wurde inzwischen eine "Endsumme" von 17 Millionen Euro, von denen das Land 15 tragen muss.
Zuerst wollte das Land überhaupt nichts zahlen
Ursprünglich sollte der problematische Ausflug in den Wüstenstaat zur Gänze drittfinanziert sein. Als sich endlich erste Sponsoren zaghaft meldeten, verbreitete die Projektgesellschaft Jubelmeldungen: Es seien "große Fortschritte gemacht" und "wichtige Unternehmen aus der Industrie für dieses einmalige Projekt gewonnen – und weitere werden folgen". Bereits ein Viertel der Kosten sei nun abgedeckt. Acht "Partner im Baden-Württemberg-Haus" wurden genannt, darunter die Schwarz Gruppe, SAP und Herrenknecht. Wer wieviel zahlen würde, behielten die Verantwortlichen für sich. Auch Rechnen fällt ihnen offenbar schwer. In Hoffmeister-Krauts "Endsumme" stecken zwei Millionen Euro von der Wirtschaft – kein Viertel also, sondern nur ein gutes Achtel.
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