Endlich mal dabei sein, zumindest im Rückblick, wenn PolitikerInnen entscheiden, endlich mal den Alltag im Regierungsbetrieb transparent gemacht kriegen und nachvollziehen, wie abgewogen, diskutiert und am Ende zum Wohle des Landes und seiner Menschen agiert wird. Der vergangene Freitag und fast zehn Stunden mit Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und ihrer Staatssekretärin Katrin Schütz (beide CDU) als Zeuginnen vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss "Baden-Württemberg-Haus" machten dieser Lust den Garaus. Denn so genau wollte frau es auch wieder nicht wissen, wie es so zugeht in dem Ministerium im Neuen Schloss, geführt von einer sprungbeförderten landespolitischen Einsteigerin aus Balingen und einer abgewählten Karlsruher Abgeordneten, die trotz oder gerade wegen des Mandatsverlusts prompt mit einer neuen wichtigen Aufgabe bedacht worden war.
Zwei Frauen, die für den seit Jahrzehnten völlig verkorksten Umgang der CDU mit dem Thema Gleichstellung stehen. Dafür, dass eine große Volkspartei über Jahrzehnte keine Strukturen zur Abkehr von der Männerdominanz entwickeln mochte. Und dafür, dass ein Landesvorsitzender zum falschen Zeitpunkt den Mund zu voll nimmt. Gemeint ist Thomas Strobl, der 2016, als die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen ihrem krönenden Abschluss entgegenstrebten, vor wartenden JournalistInnen einigermaßen überraschend versprach, den Forderungen der Frauen-Union nachzugeben. Deren Landesvorsitzende Inge Gräßle hatte sich gegen "Old Boys Networks" ausgesprochen und die Hälfte der Kabinettsposten für Politikerinnen gefordert. Strobl lenkte ein. Und er strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als er seinen von vielen Seiten beklatschten "Überraschungscoup" bekanntgab: Die Ernennung der promovierten Balinger Betriebswirtin Nicole Hoffmeister-Kraut als Wirtschaftsministerin.
Von einer "exzellenten Wahl" sprach der Arbeitgeberverband Baden-Württemberg. Dietrich Birk, Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA und als ehemaliger Landesgeschäftsführer, Abgeordneter und Kunst-Staatssekretär ein treuer CDUler, strich heraus, die Gesellschafterin und Aufsichtsrätin des Waagenherstellers Bizerba bringe "Kompetenz und den notwendigen Hintergrund" mit. Da hätte er sich am Freitag mal an seine alte Wirkungsstätte ins Parlament verirren sollen. Von Kompetenz und Hintergrund keine Spur, jedenfalls nicht beim heiklen Engagement des Landes an der Expo im Wüstenstaat Dubai, welches die SteuerzahlerInnen statt wie versprochen Null Euro demnächst mindestens 15 Millionen kosten wird (Kontext berichtete).
1 Kommentar verfügbar
Nico
am 28.11.2020Mit ein wenig Eid dabei.
Man kann sich als aufgeklärter Mensch nur wundern, wie diese höllische Umgebung von "CDU" in der Wirklichkeit funktioniert. Es funktioniert so, vermutlichst, weil sich alle "ein- und…