Als der Teppich vor zehn Jahren flog, mit dem Rückenwind von Fukushima, Stuttgart 21, dem Raubein Stefan Mappus und dem knorrigen Publikumsmagneten Winfried Kretschmann, schafften es die Südwest-Grünen, draufzubleiben. Das führte sie 2011 an die Spitze der Landesregierung und 2016 sogar auf Platz eins des Parteien-Rankings, vor die über Jahrzehnte so erfolgsverwöhnte CDU. Auf dem Boden allerdings, in den Mühen der Ebene, ging mit den Jahren die Balance verloren. Und die Bosheit des Lästermauls Hans-Ulrich Rülke, seines Zeichens Chef der kleinen FDP-Truppe im Landtag, kommt der Realität immer näher: Kretschmann lasse sich von seinen Strategen ins Schaufenster eines Ladens schieben, "in dem die Wähler aber von zweitklassigem Personal bedient werden".
Die grünen MinisterInnen für Soziales (Manfred Lucha), Verkehr (Winfried Hermann), Wissenschaft (Theresia Bauer), Umwelt (Franz Untersteller) und Finanzen (Edith Sitzmann) und deren Leistungsbilanz zum Maßstab genommen, ist der Satz falsch. Seit aber die beiden Letzteren ihren Rückzug aus der Landespolitik ankündigten, kommt die nächste und die übernächste Generation stärker in den Blick. Und da ist der Laden tatsächlich ziemlich leer.
Es wiederholt sich, was schon schwer auf Kretschmann lastete, als der noch mit sich haderte, ob er 2021 abermals zur Landtagswahl antreten soll oder nicht: NachfolgerInnen drängen sich nicht auf. Weil der Regierungschef nicht nur alle überstrahlen kann, sondern darauf trainiert ist, es zu tun, weil ihn seine Umgebung so gern lenkt und leitet und längst auch abschirmt. Eines der Kretschmann-Wahlplakate, die das Land irgendwann im Spätwinter fluten werden, ziert der Spruch: "Er weiß, was wir können." Genau das gilt für eigene ParteifreundInnen aber schon lange nicht mehr. "Seine größte Schwäche ist, dass er kein Vertrauen mehr schöpft in ihm Unbekannte", sagt eine Weggefährtin, die ihn gut kennt. Also lasse er sich auf die gar nicht mehr richtig ein, die sich vom Talent zur Führungsreserve entwickeln.
4 Kommentare verfügbar
Peter Pan
am 07.12.2020Es kann doch den Parteienbeobachter*innen nicht entgangen sein, dass im Konstrukt…