Herr Untersteller, wissen Sie noch, wie Sie das erste Mal als Mitarbeiter der Grünen in den Landtag gegangen sind?
In etwa ja, das war 1983, in dem Eingangsbereich unten links hatten wir drei kleine Büroräume. Ich wollte als Vertretung ein paar Monate bleiben. Ich kann mich natürlich an die sechs Abgeordneten erinnern, darunter Winfried Kretschmann, und an die Handvoll Mitarbeiter. Damals gab es auch schon Besuchergruppen, und ich weiß noch, wie Leute immer ums Eck geguckt haben, mit fragenden Blicken: Sind das da Grüne, diese Vögel, die jetzt neu im Landtag sind?
In einem dieser drei Büros hing der berühmte Spruch "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt". Können Sie sich noch an das Lebensgefühl erinnern, daran, wie Sie alles möglichst schnell möglichst viel besser machen wollten?
Klar, die Anti-AKW-Bewegung war auf dem Höhepunkt. Wyhl war gerade verhindert worden, Wackersdorf und der Schnelle Brüter waren noch in der Diskussion, Gorleben ebenfalls. Wir haben gedacht, wir bekommen das alles abgewendet, weil Umweltschutz jetzt endlich Thema wird. Wir waren, das muss man einfach mal sagen, brutal fleißig und kreativ und überhaupt nicht verbiestert, wie es immer wieder geheißen hat. Sondern diese Zeit hat mir ungeheuer viel Spaß gemacht. Und wir waren nicht auf Krawall gebürstet. Der Protest gegen Gorleben oder die Startbahn West, das hat schon dazugehört, aber wir haben von Anfang an eine konstruktive Rolle eingenommen mit dem Anspruch, selber Vorschläge zu machen, wie die Welt ein Stückchen besser werden könnte in diesem Baden-Württemberg.
Was hat der Franz Untersteller von damals mit dem Franz Untersteller von heute zu tun?
Ziemlich viel. Sagen wir mal so, ich bin meinen Themen treu geblieben.
Mit Erfolg?
Natürlich. Mein Glaube war zwar, dass alles viel schneller geht, aber da haben wir uns geirrt, schon zu Oppositionszeiten und dann auch in der Regierung. Auf der Ebene eines Landes können nur wenige Weichen grundsätzlich gestellt werden, vieles regeln der Bund und Europa. Aber vom Grundsatz her, von dem her, was wir uns vorgenommen haben, stimmt die Richtung – damals wie heute. Nehmen wir mal das Thema Atomausstieg. Ich kam 2011 ins Amt, wenige Monate vorher war Fukushima und wenige Monate danach die große Entscheidung in Bundestag und Bundesrat, endgültig aus der Atomkraft auszusteigen. Das ist ein Glücksfall für jemanden mit meiner Herkunft. Ich habe meine Diplomarbeit zu Wyhl geschrieben, bin ins Ökoinstitut, damals der wissenschaftliche Thinktank der Anti-AKW Bewegung, dann als Mitarbeiter in die Fraktion, 2006 als Abgeordneter in den Landtag, dann Minister. In meiner Amtszeit wurden drei Kernkraftwerke stillgelegt im Land. Wenn das keine Bestätigung für das ist, was wir jetzt seit mehr als 40 Jahren machen, dann weiß ich auch nicht.
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A. Tropaios
am 26.11.2020