Meterhohe Schlammlawinen reißen alles mit, was sich ihnen in den Weg stellt. Ein Feuerwehrauto mit blinkenden Blaulichtern schwimmt wie eine Badeente über den Marktplatz. Dicke Häuserwände knicken ein wie Pappkartons. Die Bilder der Sturzflut, die am Abend des 29. Mai 2016 das fränkische Braunsbach im Landkreis Schwäbisch Hall verwüstete, gingen um die Welt.
Vergangenen Freitag wird die Katastrophe für viele Braunsbacher wieder lebendig. Bürgermeister Frank Harsch hat zum Wintergespräch ins Schlosshotel Döttingen geladen. Als Gast kann der Schultes einen prominenten Experten begrüßen: Ex-Wettermoderator Jörg Kachelmann. Bevor der loslegt, um über Gewitterzellen zu erzählen, ergießt sich die Sturzflut nochmals über eine Videowand. Unterlegt mit Zahlen, die das Unglück begreifbarer machen sollen: 180 Liter Regen pro Quadratmeter prasselten damals in kaum zwei Stunden nieder. Die gigantischen Wassermassen schwemmten 50 000 Tonnen Geröll und 5000 Festmeter Baumstämme von den Steilhängen des Kochertals in den Ort. Zurück blieben 140 beschädigte Häuser, 120 demolierte Autos und ein Gesamtschaden von mehr als 100 Millionen Euro.
Wie durch ein Wunder gab es weder Tote noch Verletzte unter den 2400 Einwohnern. "Wenn man solche Bilder sieht, dann sterben dabei gewöhnlich auch Menschen", bemerkt Kachelmann zu den Aufnahmen. Er war selbst Augenzeuge des Unglücks. Nicht vor Ort, sondern am Wettercomputer, auf dem sich Tief Elvira zu einem Supergewitter zusammenbraute. "Uns war klar, dass Schlimmes passieren wird," , erzählt er: "Wir wussten morgens nur nicht, wo genau."
Reporter, die damals aus den Trümmern berichteten, vermuteten die Erderwärmung als Auslöser der lokalen Katastrophe. Dazu wird auch Kachelmann befragt. "Im Schnitt ist es immer wärmer geworden. Und es ist immer mehr Feuchtigkeit in der Luft, was die Sommer schwüler macht", sagt der Meteorologe. Schuld am Unglück habe jedoch eine unselige Wettersituation gehabt: Wegen Windstille hing die gigantische Gewitterfront wie festgeklebt über Braunsbach.
Klimakatastrophe trifft Öko-Ort
Andere sagen deutlicher, dass der globale Klimawandel auch hierzulande die Unwetterküchen anheizt. Je wärmer es ist, desto mehr Wasser binden die Wolken gasförmig. Wissenschaftler vom Karlsruher Institut für Technologie und vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie haben untersucht, was das für Deutschland bedeutet. Ihre <link http: www.nature.com ngeo journal v6 n3 abs ngeo1731.html external-link-new-window>2013 veröffentlichten Messergebnisse zeigen, dass Niederschläge immer häufiger heftiger fallen, während der seichte Landregen kaum zulegt. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass Extremunwetter wie in Braunsbach künftig öfter auftreten", bestätigte auch Uwe Schickedanz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) <link http: www.kontextwochenzeitung.de politik wasser-im-kessel-3691.html internal-link-new-window>gegenüber Kontext. Gerade Südwestdeutschland sei besonders exponiert, so der Experte.
7 Kommentare verfügbar
Horst Ruch
am 14.02.2017....dies ist in meinen Augen die bessere Recherche als die einseitige journalistische Sensationsmache des Autors J. Lessat.