"Ich glaube, die Kandidatur von Herrn Horn hat eher Herrn Till als mir geschadet", schätzt Maier den Wahlausgang am Sonntag ein. Er freue sich, dass ihm am Tag nach der Wahl sowohl der Stuttgarter Noch-OB Fritz Kuhn, Grüne, gratulierte als auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Innerhalb der Grünen verortet sich Maier eher links: "Inhaltlich stehe ich Winne Hermann näher als Winfried Kretschmann."
In Göppingen hat also ein junger Kandidat gewonnen – vielleicht eine kleine Parallele zu Stuttgart, wo der – politisch eher unbekannte – 30 Jahre junge Marian Schreier warb mit "Der Junge kann das" und auf Anhieb 15 Prozent holte. Scheint, als hoffe manche WählerInnen so auf frischen Wind in der Kommunalpolitik. Maier ist sicher, sein Slogan "Für ein neues Miteinander" habe "einen Nerv in Göppingen getroffen". Denn Guido Till war nicht dafür bekannt, sich gerne mit anderen als seinen politischen Freunden auszutauschen, geschweige denn die BürgerInnen zu beteiligen. "Der Unmut spiegelt sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung von 39 Prozent wider", ist Maier überzeugt. "Viele Bürgerinnen und Bürger sehen sich hier nicht einbezogen. Warum sollen sie dann wählen gehen?"
Auch nach der Wahl: demütig bleiben
Bekannt gemacht hat sich der Radiojournalist Maier in seiner Heimatstadt als Mitbegründer des Bündnisses "Kreis Göppingen nazifrei", damals noch als Mitglied der Grünen Jugend. Anfang der 2010er-Jahre hatten Rechtsextreme begonnen, in Göppingen ihr Unwesen zu treiben. OB Till verfolgte zunächst die Strategie: Nix sagen, dann bleiben die schon weg. Er hielt auch nichts von Anti-Nazi-Aktionen. GegendemonstrantInnen wurden in Göppingen häufiger mal von der Polizei eingekesselt. Es dauerte einige Jahre, bis der OB und auch die CDU Göppingen einverstanden waren mit einem gemeinsamen Runden Tisch gegen Extremismus.
"Inzwischen ist es um die Rechten ziemlich ruhig geworden", berichtet Maier. Bei der Podiumsdiskussion Ende September vor dem ersten OB-Wahlgang war er der Einzige, der das Thema Rechtsextremismus ansprach und erklärte, der OB müsse als erster Bürger seiner Stadt auch der Erste sein, der bei so etwas klare Kante zeige. Dafür gab's Applaus.
Als OB will Maier sich besonders den Themen autofreie Innenstadt, bezahlbarer Wohnraum und der wirtschaftlichen Entwicklung widmen. Und natürlich der BürgerInnenbeteilgung. In den kommenden Wochen räumt er sein Büro im Landtag. "Mit einem weinenden Auge", räumt er ein. "Aber es schadet nichts, gute Kontakte auf Landes- und Bundesebene zu haben. Ich glaube, manchen Fördertopf werde ich besser nutzen können."
Den Stuttgarter OB-KandidatInnen will er keinen Rat geben, wie sie den zweiten Wahlgang taktisch angehen sollten: "Es ist schon etwas anderes, in einer zehn Mal so großen Stadt zu kandidieren." Nur eines betont Maier: "Demütig bleiben und nie vergessen, wer einen wählt."
6 Kommentare verfügbar
MarkusGP
am 17.11.2020