Und es gibt die beiden Ärzte aus der Jugendpsychiatrie. Der Klinik-Neubau ist bunt und hell, ein freundlicher Ort für die Heilung junger PatientInnen. Bei der Bundeswehr hatte Markus Löble ein Schlüsselerlebnis. Damals, sagt er, habe er nicht verstehen können, dass ein Ex-Marinerichter wie Hans Filbinger tatsächlich Ministerpräsident werden kann. "Und so einer wollte, dass ich an der Waffe ausgebildet werde und Dienst am Vaterland tue." So wurde Markus Löble zum Linken.
Am Fuß der Schwäbischen Alb fühlt man sich abgehängt
"Armut ist ein pathogener Faktor", sagt Löble. Pathogen heißt krankheitserregend. Denn Armut grenzt aus und löst Scham aus. Ganz oft, sagt der Psychiater, säßen Kinder in seinem Besprechungszimmer, von denen er denke: "Dieses Kind braucht keinen Psychiater, es braucht eine anständige Wohnung. Wenn das nicht gegeben ist, können manche Betroffene nicht einfach so sagen, dass es ok ist, dass der Staat Flüchtlinge aufnimmt. Wir brauchen sozialen Wohnungsbau und keine Paläste den Versicherungen."
Löble hat einmal eine kleine Geschichte geschrieben. Es geht um zwei Mädchen, Sophia und Fatime, Freundinnen, die in den Sankt-Franziskus-Kindergarten gehen, den einzigen am Ort. Irgendwann erzählen sie der Kindergärtnerin, dass sie auch Erzieherinnen werden wollen. Die Frau freut sich und Sophia wird eine Chance bekommen. Fatime leider nicht, sie sei ja keine Christin, sagt die Kindergärtnerin, "so sind die Regeln". Auf der Vorderseite von Löbles Papier endet die Geschichte mit dem Nachhause-Weg der beiden Mädchen: "Von außen sieht man nichts Besonderes. Zwei Kinder, die nach Hause laufen. Innerlich aber, das spüren beide, laufen sie zum ersten Mal getrennt voneinander nach Hause. So ist das, wenn man älter wird." Diesen Mechanismus nenne man fachlich "Othering", sagt Löble, vom Englischen "other", anders. "Das erschafft schon früh das Bewusstsein, 'du gehörst nicht dazu'." Auf der Rückseite seines Papiers ist es egal, welcher Religion Fatime angehört, beide Mädchen haben dieselbe Chance. Der letzte Satz lautet denn auch: "Alle drei sind sich einig, dass es ein gutes Gefühl ist, einen Plan für die Zukunft zu haben."
1,5 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland stünden nur Christen zur Verfügung, sagt Löble. In kirchlich betriebenen Krankenhäusern, Kindergärten, und so weiter. "Kein Wunder, dass sich Moslems nicht mit diesem Staat identifizieren." Gebele fügt hinzu: "Das sind absehbare Mechanismen, nicht völlig undurchschaubar, das ist nicht wie ein Unwetter über uns."
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Helga Stöhr-Strauch
am 10.10.2017