Es gibt Fischer und Fischer. Die einen angeln behutsam, umsichtig, zum eigenen Verzehr, zur Hege und Pflege, oder sie setzen die Bachforellen, die Saiblinge und Welse sogar vorsichtig wieder zurück. Anderen sind die Konsequenzen egal, selbst durch Köder verletzte Tiere werden brachial ins Wasser geworfen, ohne Rücksicht auf Verluste. Zu viele PolitikerInnen, vor allem in CDU und CSU und längst nicht nur im Osten, sind in den vergangenen Jahren auf Stimmenfang gegangen – ohne die Konsequenzen zu bedenken. Jetzt hängen die WählerInnen am Angelhaken anderer. "Wir dürfen die Themen nicht weiter den Falschen überlassen", sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner noch am Sonntagabend und lag schon wieder daneben. Denn Richtschnur muss sein, die falschen von den richtigen Themen zu trennen, und den bisherigen Umgang mit den einen wie den anderen zu analysieren.
Da werden vor allem die Jahre vor 2015 häufig ausgeblendet. Die Zeit vor der "humanitären Katastrophe", mit der die Bundeskanzlerin die Grenzöffnung inzwischen gebetsmühlenhaft begründet. Denn spätestens seit dem 3. Oktober 2010 und dem berühmten Satz des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff – "Der Islam gehört zu Deutschland" – war eine Debatte eröffnet, die gerade nicht der Integration dienen sollte. Ängste wurden geschürt, um billige Punkte zu machen. Die Fischer warfen die Angel aus. Die Fische wurden angelockt. Wie oft hat Oettinger seine Erkenntnis aus den Jahren der "Republikaner" im baden-württembergischen Landtag wiederholt, dass, wenn die CDU die Tür nach rechts öffnet, sie Gefahr läuft, zu viele in der eigenen Anhängerschaft zu animieren, noch weiter rechts durch die nächste Tür zu rennen. 1,3 Millionen Stimmen hat die Union bundesweit an die selbsternannte Alternative abgegeben, nicht auf einmal, sondern nach und nach, wie frühere Wahlen beweisen.
Nur zur Erinnerung: Schon 2013 zieht die AfD mit ihrer brachialen Euro-Kritik, mit Sprüchen wie "Wir haben die Parteien das Fürchten gelehrt" und 4,7 Prozent nur knapp nicht in den Bundestag ein. Nach der Europawahl im Mai darauf schickte sie sieben Abgeordnete nach Brüssel, und die CSU stürzte in Bayern auf den historischen Tiefstand von damals noch gut 40 Prozent. "Sie hatte mit äußerst Brüssel-kritischen Tönen polarisiert", schrieb der nicht linksverdächtige "Münchner Merkur". Und weiter: "Die Christsozialen machten vehement gegen eine angebliche Armutszuwanderung in deutsche Sozialsysteme mobil."
Die Südwest-CDU buhlte lange um Stimmen vom rechten Rand
Auch Peter Hauk oder Guido Wolf oder Thomas Strobl schenkten sich und der Öffentlichkeit nichts in dieser Zeit, in der die Zuwanderung zunahm, in der die eigene Anhängerschaft hätte darauf vorbereitet werden müssen, was der Abschied von der schwarzen Lebenslüge, Deutschland sei kein Einwanderungsland, konkret bedeutet. Niemand konnte wissen, dass 2015 knapp 100 000 Menschen Zuflucht allein in Baden-Württemberg suchen werden. Schon in den Jahren 2011 und 2014 haben sich die Zahlen aber jeweils fast verdoppelt. Und die Sprücheklopfer in der Union? Die nutzen die Steilvorlage, den Boden für spätere Wahlniederlagen zu bereiten. Nicht nur in der Flüchtlings-, sondern hierzulande sogar in der Bildungspolitik: Langgediente CDU-Größen wie Peter Hauk, heute an Winfried Kretschmanns Kabinettstisch, machten gemeinsame Sache mit der rechten "Demo für alle", entboten Grußadressen und damit Unterstützung im Kampf gegen die Akzeptanz sexueller Vielfalt. Genützt hat es nichts. Bei der Landtagswahl 2016 mussten die Schwarzen bekanntlich sogar den Stammplatz als stärkste Partei im Land räumen.
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Blender Blender
am 27.09.2017