"Hoffentlich wird er in seiner Arbeitsweise so transparent, wie er aussieht", wünschte der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dem Stuttgarter Parlament und seiner Stuttgarter Kollegin Muhterem Aras, als im Juni das neue 17,5 Millionen Euro teure Bürger- und Medienzentrum eröffnet wurde. Viele Gelegenheiten, dafür den Beweis anzutreten, gab's über die Sommerpause nicht. Und die erste und beste im Herbst wird ungenutzt verstreichen. Anstatt die Türen am 24. September, dem Wahlsonntag, weit zu öffnen, wird mit einer langjährigen Tradition gebrochen: Der Landtag bleibt geschlossen, das Publikum ausgesperrt. Viele Baden-Württemberg-Promis tummeln sich am Wahlabend ohnehin in Berlin. Ihnen ist die Präsenz im SWR-Wahlstudio wichtiger als der direkte Kontakt mit der Bürgerschaft.
Bundestagswahlabende waren nie die rauschendsten aller Feste in den Gängen und Sälen, aber doch die willkommene Gelegenheit zum politischen Meinungsaustausch. Mal zur Freude der einen, mal zur Freude der anderen: 2013 jubelte die CDU, weil sie mit 45,7 Prozent ein herausragendes Ergebnis im Südwesten einfahren konnte. 2009 die FDP mit ihren noch nie erreichten 18,8 Prozent. Wenig Grund zum Feiern hat seit Jahren die SPD, deren Fraktion übrigens auch eine treibende Kraft jenes klammheimlich gefassten Präsidiumsbeschlusses von Ende Mai gewesen sein soll. Ihre gerade noch 19 verbliebenen Abgeordneten tragen weiterhin schwer am 12,7-Prozent-Ergebnis vom 13. März 2016. Und weil nach allen Umfragen bei der Bundestagswahl im Vergleich dazu zwar eine leichte Erholung, gemessen an 2013 aber eine weitere schwere Schlappe droht, war das Interesse an Gästen bei der Wahlparty überschaubar.
Baden-Württembergs Politprominenz feiert nicht in Stuttgart
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke dagegen bekennt, dass es ihm "lieber wäre, würde der Wahlabend weiterhin im Landtag stattfinden". Allerdings sei ihm "nichts anderes übriggeblieben, als die Tatsache der Absage hinzunehmen". Was wiederum ausblendet, dass seine Fraktion im Präsidium brav mitgestimmt hat. Dazu machen im Hohen Haus Gerüchte die Runde, die Neigung, die Bürgerschaft einzuladen, sei deshalb so gering gewesen, weil der "Alternative für Deutschland" (AfD) damit eine Plattform für einen Auftritt geboten worden wäre. Weichen statt Parieren.
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Wolfgang Jaworek
am 15.09.2017