Besonders dreist ist die Vorgehensweise, wenn tatsächlich Fehler passieren. Kürzlich stellte der Finanzexperte der Fraktion, Rainer Podeswa, einen grotesken Zusammenhang zwischen Klimapolitik und Hexenverfolgung her. Seine Rede über das mittelalterliche Buch "Der Hexenhammer" von Heinrich Kramer, in dem die schrecklichsten Regeln für Entlarvung und Beseitigung angeblicher Hexen aufgestellt werden, war kaum zu dechiffrieren. "Ich empfehle Ihnen, das Buch, in dem die Lösungsansätze alle zusammengefasst sind, zu lesen. Es ist in Speyer im Jahr 1486 erschienen. Es fasst die Methoden alle zusammen, mit denen damals in Ravensburg die Klimakatastrophe bekämpft wurde. Ich empfehle Ihnen, dieses europäische Standardwerk in der Stuttgarter Bibliothek auszuleihen (...) Damals wurde Hunderte Frauen verbrannt und damit das Klima gerettet. Das sind die Ergebnisse einer ökostalinistischen, schon wahnhaften Mission, die Sie bei diesem Thema verfolgen."
Schwierig wird's, wenn Afd-Abgeordnete zur Ironie greifen
Nach einer missglückten Meldung, die die Deutsche-Presse-Agentur (dpa) daraus konstruierte, wetterte Podeswa sogleich gegen die "Lüge", er habe eine Hexenverbrennung gegen den Klimawandel empfohlen. Vielmehr habe er "den Grünen empfohlen, über einen ideologischen Irrsinn nachzudenken". Er verlinkte anprangernd zahlreiche Medien, die die Meldung im Internet verbreitet hatten. Später, und nach einer Rüge durch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hinter verschlossenen Türen, stellte er das Ganze als Ironie dar. Die sei in der Politik aber schwierig: "Wem bei Hexenverbrennungen nicht auffällt, dass das nicht ganz ernst gemeint sein könnte, dem kann man kaum mehr helfen. Aber wenn es gegen die böse AfD geht, dann sind Falschmeldungen legitim, oder?"
Mitnichten. Die dpa stellte ihre Nachricht in epischer Breite richtig, was ihr nun wiederum den Zorn weiblicher Abgeordneter aus anderen Fraktionen eintrug. Es sei doch nie um Satire gegangen, sagt Sabine Wölfle (SPD), die selbst schon am Netz-Pranger der Rechtspopulisten stand, sondern "immer nur um Provokation".
Der Deutsche Journalisten-Verband attestiert der AfD – längst nicht nur wegen der Aussperrungen bei Parteitagen – ein "gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit und zur Unabhängigkeit der Medien". Es gehe ihr darum, sagt der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall, "tragende Säulen unseres demokratischen Systems aggressiv anzugreifen. Dazu zählt vor allem die Pressefreiheit". Im Gesamtbild verschiedener Äußerungen ihres Führungspersonals stelle die AfD "eine konstitutive Regel des Grundgesetzes in Frage, gibt sich also faktisch verfassungsfeindlich". Und er zitiert den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, der JournalistInnen nicht das "Recht" bestritten habe, "überall dabei zu sein" – als wenn PressevetreterInnen je verlangt hätten, an Vorstandssitzungen der AfD teilzunehmen oder lauschen zu können, wenn Pretzell mit seiner Frau Frauke Petry die nächsten Züge gegen ihre innerparteilichen Gegner bespricht.
JournalistInnen, die in Stuttgart zu bestimmten Pressekonferenzen wollen, müssen klingeln und sich anmelden, um die besonders heiligen Hallen der AfD betreten zu dürfen. Kritik daran war bisher zwecklos, auch die Landtagsverwaltung sieht wegen der Auslagerung der Fraktion keine Handhabe. Bei Jörg Meuthen, dem Co-Chef der Bundespartei, hat der Kontrollwahn sogar die seltsame Vorstellung hervorgerufen, seine Fraktion könne bestimmen, ob und welche Bilder in Zeitungen abgedruckt werden dürfen. Es würden "unautorisierte" Fotos veröffentlicht, lamentiert Meuthen – und gibt damit zumindest einmal mehr seine Ahnungslosigkeit in puncto "Lügenpresse" zu erkennen.
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Rolf Steiner
am 03.06.2017