Zum Beispiel Dieter Riefling. Der umtriebige Extremist erklärte erst vergangene Woche im Interview mit dem rechtsradikalen Radiosender FSN (Slogan: "Hören macht frei!") ohne Umschweife: "Meine Partei ist seit 1945 verboten." Die Glorifizierung der NSDAP ist unter Rieflings Gleichgesinnten verbreitet. Doch im Gegensatz zu vielen seiner radikalen Kameraden konnte sich der 48-jährige Niedersache nie dazu entschließen, in eine der geistigen Nachfolge-Organisationen einzutreten. Riefling, mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt, versteht sich als Vernetzer, als überparteilichen Aktivisten innerhalb der Szene. Um die diversen, teils verfeindeten Strömungen des Rechtsextremismus zusammenzuführen, rief er 2009 den TddZ ins Leben.
Inzwischen ist daraus der größte Aufmarsch bekennender Neonazis in Deutschland geworden, und ist dabei von den sogenannten freien Kameradschaften näher ans Parteienspektrum gerückt, insbesondere an "Die Rechte". Die Splitterpartei mit bundesweit nur wenigen hundert Mitgliedern bietet all jenen Extremisten eine politische Heimat, denen die NPD noch nicht radikal genug ist. Der Landesvorsitzende der Rechten Baden-Württemberg, Manuel Mültin, wohnt in Karlsruhe, hat den diesjährigen TddZ angemeldet und lässt dazu verlautbaren, er habe es nicht nötig, seine Weltanschauung zu verstecken. Um diese demonstrativ zur Schau zur Stellen, hat er sich eine sogenannte Schwarze Sonne auf den (warum auch immer linken) Unterarm tätowieren lassen. Das (in Deutschland legale) Symbol setzt sich aus nicht nur einem, sondern gleich drei Hakenkreuzen zusammen, die sich gegenseitig überlagern und deren Enden in SS-Runen auslaufen.
Einer von Mültins Kollegen im Bundesvorstand der Partei, Sascha Krolzig, ist verantwortlich für die Inhalte eines Magazins namens "N.S. Heute" (in Deutschland legal). In der Selbstbeschreibung heißt es, man habe sich bewusst für diesen Titel entschieden, denn: "Leider wird auch in Nationalen Kreisen viel zu oft um den heißen Brei herumgeredet." Man werde sich aber "mit einer inhaltlichen Bewertung des Dritten Reiches und bestimmten damaligen Geschehnissen zurückhalten", schließlich wolle man "dem System keine Handhabe bieten, seinen Repressionsapparat gegen unser neues Magazin in Gang zu setzen".
Internationale Neonazis
Nicht nur in "N. S. Heute" wurde der Karlsruher Rechtenaufmarsch beworben, sondern auch auf einschlägigen Konzerten, mit tatkräftiger Unterstützung von "Blood & Honour". Das international agierende rechtsextreme Netzwerk mit weltweit 10 000 Mitgliedern und nachgewiesenen Verbindungen zum Umfeld des "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) sei zwar "dem Namen nach seit 2000 in Deutschland verboten", erklärt Politikwissenschaftlerin Esen, "die Strukturen bestünden aber weiterhin, man agiere jetzt eben ein bisschen verdeckter". Aber auch das nur bedingt: Auf der englischen Website werde noch heute ein Ansprechpartner für Deutschland ausgewiesen, sagt sie, ein "virtueller Mittelfinger für unsere Justizbehörden".
Dass sich überzeugte Nationalisten überhaupt internationale Unterstützung für die rechtsextreme Sache sichern, mutet zunächst etwas eigenartig an. "Am wichtigsten ist ihnen erst einmal der radikale Umsturz", erklärt Esen. "Die Feinheiten werden nach der nationalen Machtübernahme austariert". In den vergangenen Jahren reisten so auch Hardcore-Nazis aus Österreich, Ungarn und den Niederlanden zum Tag der deutschen Zukunft an. Nachdem für den 3. Juni monatelang mobilisiert wurde, rechnet die Polizei mit etwa 800 bis 900 Teilnehmern in Karlsruhe. Gleichzeitig werden 4000 bis 5000 Gegendemonstranten erwartet.
1 Kommentar verfügbar
Nina Picasso
am 04.06.2017Von über 4.000 Demonstranten spricht das "Aktionsbündnis 3.6.2017", von gut 2000 die Polizei: Jedenfalls standen zwischen 200 und 300 Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet in Karlsruhe-Durlach am Samstag - durch Polizeiabsperrungen…