Jetzt schunkeln sie wieder. Lassen ihrer Fröhlichkeit freien Lauf. Ziehen im Mummenschanz durch Dörfer und Städte. Rufen "Helau", "Alaaf" oder "Narri Narro". Es ist wieder Karneval, Fasching, Fassenacht oder Fastnacht, wie die fünfte Jahreszeit je nach Region und Land heißt. Was angesichts ausufernder TV-Prunksitzungen mit manchmal grenzdebilen Büttenreden längst in Vergessenheit geraten ist: Das Feiern im Häs, hinter Masken, in der traditionellen Uniform ist mehr als nur ein althergebrachtes Kulturbrauchtum, das Pest und Fehdezeiten, Kriege und Hungersnöte überdauerte. Es überstand auch viele Verbote, die ihm immer wieder von der Obrigkeit verordnet wurden.
Richtig auf die Pauke gehauen haben früher Karnevalisten und Narren, um es bourgeoiser Oberschicht und herrschaftlichen Regenten zu zeigen. Oder um die katholische Kirche zu provozieren, die ihren Schäfchen Keuschheit und Prüderie predigte, selbst aber nicht selten in Saus und Braus lebte. Und als am Rosenmontagszug des Jahres 1823 erstmals das Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau mit allerhand Klimbim und Tamtam durch die Kölner Altstadtgassen zog, geschah dies nicht, um die Einschaltquoten des WDR hochzuschrauben. Der seltsame Zug verstand sich als Parodie auf den preußischen Militarismus der damaligen Zeit. Karneval und Narretei waren nicht nur lustig, sondern auch politisch. Für einige wenige Tage im Jahr durfte das Volk denen da oben fröhlich die Meinung geigen.
Sieht man's unter diesem Aspekt, müssten sich in heutigen Zeiten gerade Reichsbürger, Rechtspopulisten und sonstige Verschwörungstheoretiker im Karneval mit Vorliebe austoben. Die fünfte Jahreszeit wäre prädestinierte Spielwiese für Agitation gegen politische Eliten, "zwangsfinanziertes Staatsfernsehen" und "verblödete Gutmenschen": Der thüringische Elferrat begrüßt als neues Mitglied Rechtsaußen Björn Höcke, in der Bütt reimt Pegida-Gründer Lutz Bachmann auf Trumps Mauer Putins Power! Nur: Die echten Narren wollen die auf andere Art Närrischen nicht reinlassen.
Echte Narren haben keine Lust auf rechte Narren
In Köln macht der hochoffizielle Karneval heuer gar mobil gegen rechts. Die Stars der Szene möchten der Alternative für Deutschland (AfD) nicht eine Hochburg des Frohsinns überlassen: genauer gesagt das Kölner Maritim-Hotel, in dem derzeit Brings, die Höhner, Fööss, Paveier und Co. auf zahllosen Sitzungen gute Laune verbreiten. Dort will die AfD Ende April ihren Bundesparteitag abhalten.
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