Nach dem Glompigen Donnerstag erreichte die Bildersammlung weitere Personen, unter anderem auch Peter Kienle, den Chef aller Ehinger Narren. Er versprach, sich zu kümmern, wenn das große närrische Tschinderassabumm vorbei sei und er den anschließenden Erholungsurlaub hinter sich habe. Nach Kienles Rückkehr passierte nicht viel, außer dass gestänkert wurde gegen die "Quertreiber" und Nestbeschmutzer, die den Vereinsfrieden störten. Jene, die glaubten, dieser braune Sumpf müsse trocken gelegt werden, legten das Material der Polizei und dem Staatsschutz vor, ohne einen Hinweis auf den Urheber zu geben.
Aber schon das war der Mate-Truppe offenbar zu viel. Noch schlimmer aber war der Antrag von drei Mitgliedern, eine Debatte darüber zu führen, wie man im Verein künftig mit rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Umtrieben umgehen wolle und wie man die "Transparenz" verbessern könne. Die drei Mutigen, das waren der Sohn des Landrats, dem vorgeworfen wurde, er habe seinen Vater informiert, ein Grundschulrektor, dem angelastet wurde, er habe den obersten Spritzenmuck Kienle unterrichtet, und der Spross eines Klinikarztes, an dessen schneller Auffassungsgabe sich schon immer einige Narrenfreunde gerieben haben sollen.
"Jetzt hamm 'r die Birschla"
Einer in der Runde jubelte unter den schweren Holzbalken des Versammlungslokals: "Jetz hamm 'r dia Birschla." Das Angebot, die Bilder zu zeigen, damit jeder weiß, worüber geredet wird, wurde niedergebrüllt, man wolle das alles nicht sehen, nicht wissen. Stattdessen mussten sich die Antragsteller anhören, sie beschädigten mit ihrem Querulantentum das Image der Kapelle, sollten rausgeworfen und der Rechtsausleger, der inzwischen ausgetreten war, wieder zurückgeholt werden. Der habe sich über Jahre bewährt und sei fleißig im Verein, meinte ein anderer, der sich zudem damit gebrüstet haben soll, auf seinem Handy ähnliches verfassungsfeindliches Material gespeichert zu haben.
Schließlich stellte einer den Antrag, die drei Genannten wegen vereinsschädigenden Verhaltens auszuschließen, vorher dürften sie sich aber noch jeweils maximal zwei Minuten lang rechtfertigen. Die Mitglieder sollten dann die Namen jener auf ihren Stimmzettel schreiben, die zu entfernen seien. Ergebnis: Für den Ausschluss des Schulrektors sprach sich die Mehrheit aus, die beiden anderen überlebten das Strafgericht ganz knapp. Sie traten später freiwillig aus. Gleich nach der Hauptversammlung, an der er nicht teilgenommen hatte, zog Landrat Seiffert die Reißleine. Für den Vizechef der Mate-Truppe, Michael Peter, kein Grund zur Beunruhigung. In der "Schwäbischen Zeitung" ließ er verlauten, die drei Abweichler hätten "im Hintergrund am Vorstand vorbeigearbeitet", und "Dinge in den Weg geleitet, ohne uns zu informieren."
Diesen Gipfel der Vertuschung wollte der Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte nicht erklimmen. Roland Wehrle, für seine wortreichen Auftritte unter seinesgleichen berühmt, erkennt tatsächlich den Ernst der Lage: "Das entsetzt mich", lässt er wissen, es wäre angebracht, "der Verein löst sich auf" nach diesem "dümmlichen und oberflächlichen" Verhalten. Ein Skandal sei es, Mitglieder auszuschließen, die sich gegen rechtsextreme Entwicklungen stellen. Im Interesse der Fasnet müsse eine "große Aufarbeitung des Vorgangs" stattfinden. Der Präsident weiß, warum er auf die Pauke haut: Er will die alemannische Fasnacht von der Unesco als Weltkulturerbe zertifiziert haben.
4 Kommentare verfügbar
Ansgar
am 14.05.2016