Aufs Kleingedruckte kommt es an: Nicht etwa mit Geld oder Sachfragen befassen sich "Dr. Meuthen und Fraktion", wie die Änderungsanträge der AfD unterschrieben sind, im Einzelplan 04, Kapitel 0465 Jugend und kulturelle Einrichtungen. Stattdessen reiben sie sich an dem Text, der Zuschüsse über insgesamt 2,6 Millionen Euro für die Erhaltung von "Gedenkstätten nationalsozialistischen Unrechts" erläutert. Diese drei Worte wollten die Rechtsnationalisten durch "bedeutsame Stätten der deutschen Geschichte" ersetzt wissen. Zum Wohle eines "ausgewogenen Geschichtsbildes". Eine einseitige Konzentration auf zwölf Jahre nationalsozialistischen Unrechtes sei nämlich abzulehnen.
Wie vieles andere ebenfalls – nach dem Motto: "Wir trauen uns, die linksideologischen Titel der Landesregierung zusammenzukürzen". Darunter fällt beispielsweise die Förderung des Landesfrauenrats, weil der sich auch parteipolitisch betätige, die "positive Sicht auf Europa", die "Gender-Ideologie" oder die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern befürworte. Letztere gehe von der Annahme aus, "dass es eine Privilegierung der Männer in der Wirtschaft gibt". Das sei "fragwürdig", also müssten alle Mittel dafür gestrichen werden. In diesem Fall wären das 180 000 Euro aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums. Insgesamt könnte die Landesregierung nach Ansicht der drittgrößten politischen Kraft im Land 1,5 Milliarden Euro einsparen. Belege bleiben die Populisten jedoch weitgehend schuldig. Natürlich sehen sie in der Flüchtlingspolitik die größten Kürzungspotentiale. Aber nicht einmal die 32 000 Euro, für die angeblich ein E-Moped im Staatsministerium angeschafft worden sein soll, hielt dem Faktencheck stand: Die Summe war nicht für ein einzelnes, sondern für mehrere Fahrzeuge veranschlagt.
Das korrekte Zitieren fällt der AfD schwer
"Mut zur Wahrheit" ist einer der überstrapazierten Slogans der AfD, der – bezogen auf die eigene Arbeit – im parlamentarischen Alltag immer wieder souverän ignoriert wird. So soll durch Stellen- und Mittelstreichungen im neuen Haushaltsjahr besonders die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) bluten. Gegen diese wird gern und mit verzerrten Darstellungen gewettert. Der Tuttlinger Abgeordnete Lars-Patrick Berg begehrt aktuell von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) Auskunft, ob sie die Auffassung teile, dass ein Artikel im LpB-Heft 72/2016 "Flüchtlinge, Asyldebatte und Fremdenfeindlichkeit" die AfD diffamiert. Laut Berg werde "die AfD unter anderem als fremdenfeindlich, nationalistisch und gar völkisch-rassistisch" bezeichnet.
Das Originalzitat des Autors Alexander Hensel lautet allerdings deutlich anders: "Besonders in ostdeutschen AfD-Landesverbänden sind fremdenfeindliche, nationalistische und gar völkisch-rassistische Positionen zuletzt merklich lauter geworden." Berg, früher Pressesprecher im Landratsamt Sigmaringen, ist an Differenzierungen allerdings herzlich desinteressiert. So bewertet er beispielsweise besonders kritisch, dass der Politikwissenschaftler und Demokratieforscher Hensel seine Partei als "Gefahr" bezeichnet. Wieder wird der O-Ton verunstaltet: Eine Gefahr ist für Autor Hensel, "dass die AfD fremdenfeindlichen Forderungen einen Platz im Parteienspektrum erkämpft hat".
6 Kommentare verfügbar
Rolf Steiner
am 04.02.2017