Die Linkspartei hat im Bundestagswahlkampf ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, das unter anderem die Forderungen "Wohnraum zurück in die öffentliche Hand bringen" und "Privatisierung von öffentlichen Grundstücken stoppen" enthält. In Österreich rufen danach sogar bürgerliche Parteien. Und Wiener Kommunalpolitiker werben gar damit, den Wohnungsmarkt den üblichen Mechanismen zu entziehen, "weil Investoren", wie einer der Landtagsabgeordneten im Rathaus sagt, "investieren, um Geld zu verdienen". Auf diese Weise könnten aber "niemals die Bedürfnisse eine Gesellschaft gedeckt werden".
Dennoch träumt die grün-schwarze Landesregierung weiter. Investoren sollen mit Steuererleichterungen gelockt werden, der CDU sind die ökologischen Auflagen der Landesbauordnung ein Dorn im Auge. In der auf 250 Millionen Euro aufgestockten Förderung stecken vor allem Bundesmittel. Dabei ist der Nachholbedarf groß. Die Statistik weist 2016 knapp 58 000 mietgebundene Wohnungen aus, in Hessen, in Berlin, sogar in Bayern sind es deutlich mehr.
Der Markt wird's nicht richten
Was passiert, wenn sich die Gesellschaft, jedenfalls alle, die keine GroßverdienerInnen sind, doch am Markt bedienen müssen, hat die Hans-Böckler-Stiftung eben erst analysiert. Untersucht wurden 77 deutsche Großstädte, mit ernüchterndem Ergebnis: Rund 40 Prozent oder 5,6 Millionen der Haushalte müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für ihre Miete ausgeben. Außerdem sind nicht weniger als 80 Prozent der GroßstädterInnen mit angespannten Wohnungsmärkten konfrontiert, das entspricht einem Viertel der Gesamtbevölkerung.
In Stuttgart leben mehr als 70 Prozent aller EinwohnerInnen zur Miete. Zugleich belegen nur knapp 25 Prozent der Eigentümer ihr Eigentum, sind also zu einem großen Teil auch Vermieter weiteren Eigentums. Die finanzielle Belastung durch die monatliche Miete liegt im bundesweiten Mittelfeld. Auffällig ist aber, wie wenige Wohnungen seit 2011 im Vergleich zu anderen Großstädten gebaut wurden. Linken-Chef Bernd Riexinger kritisierte in seinen Wahlkampfreden scharf, dass in Landeshauptstadt im vergangenen Jahr keine einzige Sozialwohnung fertiggestellt wurde. Nochmals Wien: Dort werden derzeit pro Woche über hundert Einheiten an ihre neuen BewohnerInnen übergeben.
"Die Wohnbedingungen sind damit nicht nur ein Spiegel bestehender Ungleichheit, sondern tragen selbst durch die hohen Mietkostenbelastungen zu einer wachsenden Ungleichheit bei", urteilen die Experten von der Hans-Böckler-Stiftung. Die EU hatte schon 2014 ihren Mitgliedsstaaten empfohlen, "mit austarierten Konzepten zur Entspannung auf den Wohnungsmärkten beizutragen". In Deutschland stieß der gute Rat aus Brüssel auf taube Ohren. Gegenwärtig müssten hier Jahr für Jahr mindestens 200 000 Einheiten zu bezahlbaren Preisen zusätzlich angeboten werden. Natürlich hätte das schädliche Folgen für jene, die im "Stuttgarter Villengarten" eine Wohnung gekauft haben, um sie zu vermieten. Denn der Druck auf den Markt würde nachlassen und der Profit geringer. Auch für die mit den Palästen.
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Ernst Hallmackeneder
am 08.10.2017