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Gröners Bauprojekte in Karlsruhe

Wenn Geduld und Kredit enden

Gröners Bauprojekte in Karlsruhe: Wenn Geduld und Kredit enden
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Der Immobilienunternehmer Christoph Gröner hat mal wieder eine neue Aktiengesellschaft nach sich benannt. An den Insolvenzproblemen in seinem Firmenimperium ändert das wenig. Sogar der lange Zeit wohlwollenden Stadt Karlsruhe ist inzwischen der Geduldsfaden gerissen.

Geduld geht selten auf einen Schlag verloren. Erst bröckelt sie, dann reißt sie, wenn zu viele Versprechen uneingelöst bleiben. Das lässt sich gerade in Karlsruhe beobachten. Denn versprochen hat der Immobilienunternehmer Christoph Gröner in den vergangenen Jahren so einiges. Doch bei der Umsetzung gab es immer wieder Probleme. In Karlsruhe stellte Gröner "das blühende Leben" auf einem ehemaligen Militärgelände in der Nordstadt in Aussicht, genannt C-Areal. Auf Plänen und in Präsentationen sprießen Bäume, eine moderne Wohnumgebung zum Wohlfühlen. In der Realität wächst dort nur Unkraut. Immer wieder kündigte Gröner an, jetzt aber wirklich mit dem Wohnungsbau beginnen zu wollen. Immer wieder verstrichen die Fristen.

Zuletzt sagte er im Juli gegenüber Kontext, die nötigen Bauanträge "binnen kürzester Frist vorlegen" zu wollen. Er warte nur noch auf die vertragliche Zusage eines Investors, die er "in den nächsten Wochen" erhoffte. Doch drei Monate später liegt der Stadt noch immer kein entsprechender Bauantrag vor. Der ist längst überfällig. Laut Vertrag war Gröner verpflichtet, die Unterlagen bis Dezember vergangenen Jahres einzureichen. Passiert ist nichts, so dass auch bei der Stadt Karlsruhe der Geduldsfaden riss. Die vereinbarten Vertragsstrafen seien "nun geltend gemacht" worden, teilt die Stadtverwaltung auf Kontext-Anfrage mit. Knapp 20.000 Euro muss Gröner nach Kontext-Informationen demnach für jeden Monat Verzug zahlen.

Das ist bitter für den Unternehmer, denn Gröner braucht Geld. Viele seiner Projekte bundesweit liegen still. Und die Liste der Insolvenzen wird länger. Seit Monaten versucht Gröner, irgendwo auf der Welt noch Investor:innen aufzutreiben, die mit frischem Geld daran glauben, dass er seine Immobilienprojekte trotzdem noch umsetzen kann. Dafür erweiterte Gröner sein ohnehin komplexes Firmengeflecht um eine neue Gesellschaft, die CGRE AG. Im Christoph-Gröner-Imperium mit zahlreichen nach ihm selbst benannten oder seine Initialen im Namen tragenden Projektgesellschaften nimmt die neue Aktiengesellschaft eine zentrale Funktion als Dachorganisation für die am lukrativsten eingeschätzten Bauprojekte wahr. Je leerer die Kassen, desto größer die Namen auf dem Briefkopf. Mit dabei sind wieder Ronald Pofalla als Vorstandssprecher und Günther Oettinger (beide CDU) als Aufsichtsratsvorsitzender. Beide haben sich bereits zuvor im Grönerversum verdient gemacht.

Große Namen, wenig Kapital

Zwar berichtete Gröner mehrfach von vielversprechenden Gesprächen mit Investoren, musste dann aber regelmäßig Rückschläge einräumen. Die Gründe sah er wechselweise bei Medienkampagnen, einem Insolvenzverwalter oder auch bei der Zollpolitik von Donald Trump. Ein Muster, das sich wiederholt. Nun verkündet die CGRE ein neues Vorhaben: Mit einem "international tätigen Kapitalgeber" sei ein "Term-Sheet" abgeschlossen worden, das die Zusammenarbeit in einem Projektvolumen von 505 Millionen Euro beinhalten soll. Mit dem Geld will die CGRE nach eigenen Angaben nicht nur den Bau auf dem C-Areal, sondern auch Projekte in Berlin, Leipzig und München finanzieren. Ein Term-Sheet ist eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die die wesentlichen Bedingungen einer geplanten Finanzierung schriftlich fixiert. Darauf folgt in der Regel eine Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des geplanten Investments.

Seit der neuerlichen Ankündigung ist ein weiterer Monat vergangen, in dem ein weiterer Gläubiger Gröners die Geduld verloren hat. Der Finanzinvestor Lenwood Capital versucht seit Mitte Oktober seine Anleihe über 25 Millionen Euro über ein neues Insolvenzverfahren einzutreiben. Es betrifft eines der wertvollsten Projekte der CGRE, einen Gewerbepark in Leipzig. Zuletzt bilanzierte der Gröner-Konzern den Wert der betroffenen Projektgesellschaft mit über 200 Millionen Euro. Zwar bezeichnen die Gröner-Anwälte das Insolvenzverfahren in einer Stellungnahme als "rechtsmissbräuchliches Druckmittel". Für mögliche Investor:innen könnte es dennoch neue Zweifel wecken, wo ihr Geld gut aufgehoben ist.

Werte und Zweifel

Unklar ist auch, wie viel die Immobilienprojekte der CGRE überhaupt wert sind. Bereits zum dritten Mal wurde die Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2024 verschoben. Insbesondere die Frage, wie hoch der Wert der eigenen Immobilienprojekte anzusetzen sei, sei durch eine Vielzahl an Projekten und Gesellschaften von erhöhter Komplexität, ließ die CGRE potentielle Investor:innen wissen. Einzelne Neubewertungen machte das Unternehmen aber schon bekannt. Ein von Gröner einst mit 50 Millionen Euro taxiertes Bauprojekt in Bergisch-Gladbach werde jetzt nur noch mit einem Euro bilanziert und der Wert von insolventen Gesellschaften "reduziert ausgewiesen".

Neben der Frage des Gegenwerts ist auch Vertrauen essentiell, damit ein Investor sein Geld in ein fremdes Projekt steckt. Wenige Tage nachdem die CGRE Ende September die Investor:innen in einer Mitteilung über neue Entwicklungen informierte, wurde Gröner vor dem Verwaltungsgericht Berlin als Zeuge vernommen. Hintergrund: Christoph Gröner spendete 2020 insgesamt 800.000 Euro an die Berliner CDU. Öffentlich hatte er behauptet, die Spende an inhaltliche Forderungen geknüpft zu haben – vor Gericht gestand er jedoch ein, in den Interviews falsches Zeugnis abgelegt zu haben. Das Gericht sah daher keinen Verstoß gegen das Parteiengesetz, denn Spenden dürfen nicht an die Erwartung konkreter Gegenleistungen geknüpft werden. Gröners Aussage half somit zwar der Berliner CDU, das Spendengeld behalten zu dürfen. Ob die Selbstbezichtigung als Lügner die dringende Suche nach Geldgeber:innen befördert, ist offen. Eine Anfrage von Kontext dazu und zu anderen Fragen ließ er unbeantwortet.

Selbstinszenierung und Realität

Gleichzeitig präsentiert sich Gröner im firmeneigenen CG Magazin auf mehreren Seiten. Während draußen Insolvenzverwalter prüfen, inszeniert er drinnen den Neuanfang. Gemeinsam mit Pofalla beschwört Gröner das Motto "Raus aus der Krise" und ruft trotz mehrerer Umfirmierungen und Umstrukturierungen sein 30-jähriges Firmenjubiläum aus. Als Startpunkt wählt Gröner das Jahr 1995. Ein Jahr zuvor ist seine erste Firma Groebau in Karlsruhe in die Insolvenz gerutscht. Solche Episoden ordnet Gröner heute als "nicht immer reibungslos" ein und erzählt stattdessen die Erfolgsgeschichte seines Aufstiegs vom Karlsruher Bauunternehmer zum bundesweiten Projektentwickler.

Ursache der aktuellen Probleme sei, so Gröner, "die Baukrise und die damit verbundene negative Berichterstattung". Auf zwei Magazinseiten kritisiert er Medien und beschwört Zuversicht. "Meine optimistische Prognose ist, dass sich uns aufgrund des anhaltend hohen Bedarfs an Wohnraum in naher Zukunft die Chance bieten wird, im Bereich Residential wieder gute Geschäfte und hohe Umsätze zu machen, womöglich sogar Tausende Wohnungen im Jahr zu realisieren", gibt sich Gröner überzeugt, dass "uns ein Wiederaufstieg gelingt".

Altlasten und Ermittlungen

Doch bevor es dazu kommen kann, lasten zahlreiche Altlasten auf ihm. Dutzende seiner Gesellschaften befinden sich in der Insolvenz, seit März läuft ein Privatinsolvenzverfahren gegen Gröner selbst. Laut Staatsanwaltschaft Leipzig wird zudem wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt ermittelt.

Die Gläubiger:innen der insolventen Gröner Group trafen sich im August zur ersten Versammlung. Die Prüfung des Insolvenzverwalters, ob es in der einstigen Konzernmutter noch verwertbares Vermögen gibt, dürfte noch Monate dauern. Dies liegt nicht nur an der komplexen Konzernstruktur, es geht auch um große Auszahlungen aus der Konzernkasse vor der Insolvenz. In einem Gutachten monierte der Insolvenzverwalter unter anderem auffällige Zahlungen an das Family Office der Gröner-Familie. Gröner selbst weist alle Vorwürfe der Insolvenzverschleppung, Veruntreuung und Vermögensverschiebung zurück.

In Karlsruhe meldete er im Juli sechs seiner Gesellschaften zahlungsunfähig. Die geplanten Projekte in Durlach, Grünwinkel und Mühlburg sollten zu hochwertigen Büro-, Hotel- und Gewerbeimmobilien werden. Gröner schätzte deren Gesamtvolumen einst auf über 500 Millionen Euro. Gebaut wurde hier aber nie, stattdessen klagten Mieter:innen über abgestellten Strom trotz Zahlungen an die Gröner-Firma.

Vertrauen und Verluste

An die Versprechen Gröners glaubte auch die Sparkasse Karlsruhe und gewährte dem Unternehmer 2019 für die jetzt insolventen Gesellschaften einen Kredit von über 75 Millionen Euro. Dies geht aus Kontext vorliegenden Grundbuchauszügen hervor, da die Sparkasse ihre Kredite mit Grundschulden abzusichern versuchte. Noch läuft das vorläufige Insolvenzverfahren.

Nach aktuellem Stand dürften die betroffenen Immobilien in den kommenden Monaten verkauft oder versteigert werden – mit Verlusten auch für die Sparkasse. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe war die Lage am Immobilienmarkt günstiger, die Bewertungen höher. Zudem nutzen potenzielle Käufer:innen die Zwangslage solcher Verfahren oft, um niedrigere Preise zu erzielen.

Auch für den geplanten Wohnungsbau auf dem C-Areal gab die Sparkasse Karlsruhe Kredite an Gröner. Trotz der düsteren Zeichen werden sie und die vielen Wohnungssuchenden der Stadt hoffen, dass Gröners Neuanfang gelingt. Ob und wann er in Karlsruhe nochmal Wohnungen baut? Die Stadtverwaltung will dazu auf Anfrage keine Prognose abgeben. Vielleicht weil sie weiß: Geduld hat ihre Frist.

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