Bobstadt ist ein kleines, idyllisch gelegenes Dorf im Norden Baden-Württembergs. Ein Weiler, der mit etwa 400 EinwohnerInnen zur Stadt Boxberg im Main-Tauber-Kreis gehört. Der Ortsvorsteher Alwin Deissler und sein Stellvertreter Heiko Gubelius sind beliebt, erst im Juli 2019 wurden sie in ihren Ämtern bestätigt. Die beiden engagieren sich, so berichten EinwohnerInnen vor Ort, seit Jahren ehrenamtlich für die Dorfgemeinschaft.
Gubelius veranstaltete in der Vergangenheit unzählige Black Metal-Festivals und -Konzerte. Im September 2016 lud er die antisemitische Band "Permafrost" aus Sachsen-Anhalt ein, die im Rahmen seines "Torn your Ties"-Festivals in einer Waldlichtung nahe Bobstadt auftrat. "Permafrost" ist dem "National Socialist Black Metal" (NSBM) zuzurechnen, einer im Laufe der 1990er-Jahre entstandenen kleinen aber extrem rechten Strömung innerhalb des Black Metal.
Die Band vertonte in ihrer Laufbahn das "Blutlied". Es heißt: "Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig! | Lasst die Messer flutschen in den Judenleib! | Blut muss fließen, knüppelhageldick | Und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik!" Der "Permafrost"-Sänger Benjamin Schneider singt zugleich in einschlägig bekannten Rechtsrock-Bands wie "Heiliges Reich" und betreibt das Label "SFH-Records", das überwiegend Black Metal- und Rechtsrock-Tonträger verbreitet.
Im Vorfeld des Festivals lud die Initiative "Mergentheim gegen Rechts" (heute: "Netzwerk gegen Rechts Main-Tauber") die Bevölkerung aus der Region zu einer öffentlichen Veranstaltung ein, um über die Inhalte und Zusammenhänge des Festivals aufzuklären. Gubelius, der die Veranstaltung besuchte, behauptete, "Permafrost" habe sich "umorientiert" und sich von der Neonazi-Szene abgewandt. Allerdings würde der Sänger "rechts tendieren". Er betonte schließlich, er buche die Band und nicht die Ideologie der Bandmitglieder.
Immer schön den Ball flach halten
Wenige Tage später initiierte das von der Initiative "Mergentheim gegen Rechts" angeführte Protestbündnis ein Gespräch mit lokalen Behörden. Im Gespräch schwärmte der Bürgermeister von Boxberg, Christian Kremer, vom Festival-Veranstalter, schließlich sei er in allen Bereichen ehrenamtlich aktiv und bringe sich in das Dorf ein. Er sei noch nie negativ durch sein Auftreten sowie durch rechte Äußerungen aufgefallen.
Ortsvorsteher, Bürgermeister und Polizei waren sich einig: Die Stadt Boxberg hat alles geprüft und angemessen reagiert. Der Auftritt der Band sollte stattfinden. Eine Anfrage des Bündnisses zur Nutzung einer städtischen Räumlichkeit für eine Protestveranstaltung , lehnte der Bürgermeister ab. Begründung: man befürchte eine offene Auseinandersetzung zwischen linken und rechten Kräften. Stattdessen solle man "den Ball flach halten".
Am Ende fand die Protestveranstaltung des Bündnisses im etwas abseits gelegenen Evangelischen Gemeindehaus in Boxberg statt, während das mit rund 200 Teilnehmenden ausverkaufte Festival in einer Waldlichtung außerhalb des Dorfes. Gubelius resümierte später: "Letztlich wurde das TYT ("Torn your Ties", d. Verf.) paradoxer Weise so Organisiert wie es bei Rechts Rock Konzerten abläuft. Diese Auflagen wurden in meinem Beisein zusammen mit der Gemeinde und der Polizei ausgearbeitet um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Auflagen waren: Infos wurden nur per Mail verschickt Veranstaltungsort erst ein Tag zuvor bekannt gegeben. Einlass nur mit Karte. 2 Kontrollpunkte. Mindesten 10 Ordner. Liedtexte von Permafrost zur Kontrolle vorlegen." (alle Fehler im Original, d. Verf.)
4 Kommentare verfügbar
chr/christiane
am 07.03.2020Herrn Ramelow ging es auch nicht um die rechte AfD mit Herrn Höcke, dem er noch einen Tag vorher staatsmännisch den Handschlag…