"Wo sind eigentlich unsere schwäbischen Impressionisten?" Diese Frage bekam Marion Ackermann, die erste Direktorin des 2005 eröffneten Stuttgarter Kunstmuseums, immer wieder von Besuchern zu hören. Die Formulierung scheint zunächst von einer starken Identifikation mit den Malern Hermann Pleuer und Otto Reiniger zu sprechen, mit deren Werken die städtische Kunstsammlung begann. Denn 1924 schenkte der neapolitanische Markgraf Silvio della Valle di Casanova seine Sammlung von Werken der beiden Maler der Stadt: unter der Bedingung, dass sie öffentlich ausgestellt würden. Von da an waren sie in den oberen Etagen der Villa Berg zu sehen, die sich seit 1915 im Besitz der Stadt befand.
Warum aber diese Bezeichnung: schwäbische Impressionisten? In Deutschland gehörten Pleuer und Reiniger – beide stammten aus der Region Stuttgart und hatten in München studiert – überhaupt zu den ersten Impressionisten. Mit seinen Eisenbahnbildern kann Pleuer sogar als der erste Maler der modernen Industriewelt gelten. Er hätte überregional mehr Beachtung verdient. Warum also diese Einschränkung?
Das "Dritte Reich" war keine kunstlose Zeit
Die Antwort liefert die neue Ausstellung "Der Traum vom Museum 'schwäbischer' Kunst". Allerdings nicht auf Anhieb. Wer den ersten, quer gelagerten Saal im unteren Bereich des Kunstmuseums betritt, sieht sich zunächst drei Reihen Landschaftsgemälden gegenüber. Sie sollen illustrieren, dass als Inbegriff des Schwäbischen in der NS-Zeit die Landschaft galt. Doch bei näherer Betrachtung gibt dieses Sammelsurium eher Fragen auf.
Stammen die Werke alle aus der NS-Zeit? Man muss einen Ordner mit Bildtexten aus einem Ständer nehmen und die Nummern einzeln nachlesen, um festzustellen, dass sie mehrheitlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber nur zum Teil nach 1933 entstanden sind. Und was heißt hier schwäbisch? Die ersten zehn, zwölf Arbeiten zeigen Nordseelandschaften oder den Golf von Neapel. Von fern fallen zuerst die plakativen "Cocospalmen" vor blutrotem Abendhimmel des Malers Fritz Lang ins Auge, von dem auch das Titelmotiv, die Silhouette eines Hirschs vor türkis-dunklem Nachthimmel stammt. Lang hatte 1928 eine Afrikareise unternommen.
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Dr. Ulrike Groos, Direktorin Kunstmuseum Stuttgart
am 21.02.2020als Direktorin des Kunstmuseum Stuttgart möchte ich Ihren Beitrag »Schwäbische Cocospalmen« vom 5. Februar 2020 über unsere Ausstellung Der Traum vom Museum »schwäbischer« Kunst – Das Kunstmuseum Stuttgart im Nationalsozialismus kommentieren.
Der Autor Dietrich…