Baden-Württemberg geht hier mit gutem Beispiel voran. Das Badische Landesmuseum hat bereits 2014 eine 4500 Jahre alte Kykladenfigur – die zweitgrößte, die es überhaupt gibt – an das Griechische Nationalmuseum in Athen und den Kopf eines Mithrasreliefs an das Museum der Diokletiansthermen in Rom restituiert. Beide stammten aus Raubgrabungen. Jahrzehntelang ließ das Land die griechischen und italienischen Rückforderungsansprüche an sich abprallen. Dem grünen Kulturstaatssekretär Jürgen Walter war es ein Anliegen, hier Klarheit zu schaffen.
Das Linden-Museum hat im September 2015 ein 1300 Jahre altes steinernes Relief der Göttin Durga Mahischasura Mardini an den indischen Botschafter in Berlin ausgehändigt. Angela Merkel ließ es sich nicht nehmen, selbst wenige Tage später die Figur in Neu Delhi dem indischen Premierminister Narendra Modi zu übergeben. Das 1991 aus einem Tempel im Kaschmirtal gestohlene Werk hatte das Museum in gutem Glauben für 225 000 Euro von dem New Yorker Kunsthändler Shubash Kapoor erworben. Der aber wurde ertappt und 2011 auf dem Frankfurter Flughafen verhaftet.
Neue Stelle am Linden-Museum für Kunstrecherchen
Mit Recherchen zur Geschichte von Objekten der Kolonialzeit betritt das Linden-Museum nun bundesweit Neuland. Derzeit ist in vielen Fällen nur der Vorbesitzer bekannt, sagt die Direktorin Ines de Castro: ein Sammler etwa, der seine Kollektion dem Museum vermachte, oder ein Händler, bei dem das Museum ein Stück erwarb. Wie diese aber in den Besitz der Objekte gelangten und unter welchen Umständen sich die Erstbesitzer von ihnen trennten, ist in vielen Fällen nicht so genau bekannt.
Wohl gibt es Fälle, in denen die Provenienz nicht zu beanstanden ist. Erwin von Bälz, Leibarzt des Tenno – des japanischen "Kaisers" – hat seine Japan-Kollektion sicher auf legalem Wege erworben. Zweifelhafter sind die Hinterlassenschaften des Augsburger Offiziers Hans Glaunig: Als Befehlshaber der Festung Bamenda herrschte er über die Nordwestregion des deutschen "Schutzgebiets" Kamerun und führte zahlreiche Feldzüge in Gebiete, aus denen wichtige Stücke der Afrikasammlung des Linden-Museums stammen, wie bereits 2006 im Jahrbuch des Museums nachzulesen war.
Die Recherchen, für die nun ab September für 18 Monate eine 75-Prozent-Stelle eingerichtet werden soll, werden sich zunächst auf Namibia und Samoa beschränken. Namibia deshalb, weil der Völkermord an den Herero und Nama – früher verächtlich Hottentotten genannt – zu den bekanntesten Verbrechen der deutschen Kolonialgeschichte gehört und die Bundesrepublik eine Entschädigung bisher verweigert. <link http: drum.lib.umd.edu bitstream handle external-link-new-window>Samoa, die "Perle der deutschen Kolonien", welche die Deutschen 1914 als erste aufgeben mussten, dient als Kontrastbeispiel.
Namibia will Familienbibel seines Nationalhelden zurück
Schon bevor die Recherche beginnt, gibt es allerdings einen Streitfall. Wie durch <link http: www.swr.de swr2 kultur-info namibia-fordert-kulturgut-von-stuttgarter-museum-zurueck id="9597116/did=16464770/nid=9597116/1l1c1x7/index.html" external-link-new-window>eine SWR-Reportage bekannt wurde, fordert Namibia seit zwei Jahren die Familienbibel seines Nationalhelden Hendrik Witbooi zurück. Der Anführer einer Untergruppe der Nama schloss sich 1904 der "Äthiopischen Bewegung" an, die sich gegen die europäischen Missionare für ein afrikanisches Christentum einsetzte. Kurz darauf begann der Aufstand der Herero und Nama, bei dem Witbooi siebzigjährig ums Leben kam. Für das Land sind die Erwerbsverhältnisse nicht geklärt. Staatssekretär Walter bietet Namibia Entschädigung an.
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